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Beiträge der Bezugswissenschaften zur Erwachsenenbildung

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Wissenschaften wird hier deutlich.<br />

3. Es gibt eine Vielfalt von Einflußgrößen auf die Entwicklung. Mit Baltes kann<br />

man diese Einflußgrößen glie<strong>der</strong>n in normativ-lebensalterabhängige, zeitalterabhängige<br />

und nichtnormative Einflüsse. Unter lebensalterabhängigen<br />

Determinanten werden solche mit dem biologischen Alter variierenden,<br />

unter zeitalterabhängigen Determinanten dagegen die mit dem „biokulturellen<br />

Wandel“ verbundenen und schließlich unter nichtnormativen Determinanten<br />

die ort- und zeitspezifischen Einflußgrößen gefaßt, die nicht<br />

allgemein verbindlich und nicht in universeller Sequenz auftreten. Beispiele<br />

für die erste Kategorie bilden neurologische o<strong>der</strong> hormonelle Reifungsprozesse<br />

wie die mit dem weiblichen Reproduktionszyklus (Menarche, Menopause)<br />

verbundenen Verän<strong>der</strong>ungen. Beispiele für historisch-kulturelle<br />

Einflüsse eines Zeitalters sind Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Berufsstrukturen o<strong>der</strong><br />

<strong>der</strong> Familienbeziehungen durch industrielle Produktion. Als Beispiele für<br />

nichtnormative Einflüsse gelten Kriege, Wirtschaftskrisen o<strong>der</strong> unvorhersehbare<br />

individuelle Lebensereignisse wie Unfälle, Krankheiten u.ä.<br />

4. Entsprechend den vielfältigen Determinanten wird auch eine Vielfalt von<br />

Zielrichtungen des Entwicklungsprozesses (Multidirektionalität) angenommen.<br />

Eine lebenslauforientierte Entwicklungspsychologie geht nicht notwendig<br />

von einer Vorstellung <strong>der</strong> Reife als Endpunkt <strong>der</strong> Entwicklung im<br />

Erwachsenenalter aus, wie sie z.B. als kognitive Reife (i.S. formaler Operationen)<br />

im Anschluß an Piaget o<strong>der</strong> als sozial-emotionale Reife (i.S. <strong>der</strong><br />

Identität, Intimität o<strong>der</strong> Generativität) im Anschluß an Erikson formuliert<br />

wird. Daraus folgt, daß ein Entwicklungsmodell zugrunde gelegt werden<br />

muß, das die ständige Wechselwirkung von Individuum und Umwelt voraussetzt,<br />

d.h. ein kontextuelles o<strong>der</strong> interaktives Entwicklungsmodell.<br />

5. Die Vielfältigkeit von Entwicklungsverläufen and Entwicklungsrichtungen<br />

einzelner Merkmale über den gesamten Lebenslauf wird einer weiteren<br />

beobachteten Tatsache gerecht: Mit zunehmendem Alter haben interindividuelle<br />

Differenzen einen größeren Einfluß. Dieser Aspekt <strong>der</strong> differentiellen<br />

Entwicklungsbedingungen, Entwicklungsmöglichkeiten, aber auch <strong>der</strong><br />

differentiellen aktiven Lebensgestaltung tritt uns im Erwachsenenalter<br />

deutlich entgegen. In <strong>der</strong> Biographie eines Individuums überlagern sich<br />

historische, zeitalterabhängige und lebensalterabhängige Einflüsse mit<br />

spezifischen individuellen Lebensereignissen. Aussagen über einfache,<br />

einheitliche o<strong>der</strong> kumulative Entwicklungsverläufe sind daher nicht möglich.<br />

6. Wird die so beschriebene Entwicklungspsychologie <strong>der</strong> Lebensspanne ernst<br />

genommen, so erfor<strong>der</strong>t sie interdisziplinäre Zusammenarbeit. Beispielsweise<br />

sind für die Erforschung <strong>der</strong> Endpunkte <strong>der</strong> Entwicklung, also <strong>der</strong><br />

frühesten Kindheit und des hohen Alters, biologisch-medizinische Kenntnisse<br />

erfor<strong>der</strong>lich, für das Erforschen des Erwachsenenalters kann auf soziologische<br />

Analysen über Lebenslagen, Lebenswelten o<strong>der</strong> auch auf historische<br />

Vergleiche nicht verzichtet werden.

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