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Beiträge der Bezugswissenschaften zur Erwachsenenbildung

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ieansätze in aller Kürze erläutert (1985, 17 ff.). Er reflektiert dabei Lebensgeschichten<br />

aus ‚biologischer‘, aus ‚milieutheoretischer‘, aus ‚rollentheoretischer‘,<br />

aus ‚psychoanalytischer‘ und aus ‚interaktionistischer‘ Sicht und kommt<br />

zu <strong>der</strong> Feststellung, daß die geleisteten Theoriedeutungen <strong>der</strong> Psychologie<br />

und Soziologie zuzuordnen sind und daß sie – auch wenn sie jeweils pädagogische<br />

Konsequenzen zulassen o<strong>der</strong> sie nahelegen – bemerkenswerterweise<br />

die menschliche Entwicklung eher als fremdbestimmt und determiniert<br />

betrachten, sei es durch biologische Funktion, frühkindliche Einflüsse o<strong>der</strong> gesellschaftliche<br />

Institutionen. Zwar werde die Möglichkeit, sich aktiv mit diesen<br />

Bedingungen auseinan<strong>der</strong>zusetzen, von keinem ernstzunehmenden Sozialwissenschaftler<br />

geleugnet, „aber es fehlt ein Konzept, das den Lebenslauf<br />

auch als selbstbestimmt, als Leistung des prinzipiell mündigen, selbstverantwortlichen<br />

Subjekts begreift“. Dazu entwickelt Siebert als möglichen<br />

Schlüssel für einen solchen Theorieansatz den „Bildungsbegriff“, <strong>der</strong> auf eine<br />

pädagogisch-anthropologische Dimension verweist; er kommt damit <strong>der</strong> von<br />

Bertaux gefor<strong>der</strong>ten ‚paradigmatischen Grundorientierung‘ sehr nahe, ohne<br />

jedoch <strong>der</strong> Gefahr einer neuen ‚Biographie-Paradigmen-Bildung‘ zu erliegen.<br />

Sieberts Versuch, Lebensgeschichten aus ‚bildungstheoretischer‘ Sicht zu<br />

deuten, leitet einen Bildungsbegriff im Sinne <strong>der</strong> Aufklärung und <strong>der</strong> kritischen<br />

Rationalität naturgeschichtlich-anthropologisch ab: „Die menschliche Lebensgeschichte<br />

läßt sich so auch als ein Prozeß <strong>der</strong> Selbstreflexion und Selbstbildung<br />

beschreiben. Eine solche Sicht betont nicht so sehr die Fremdbestimmung<br />

unseres Lebens, son<strong>der</strong>n unsere Möglichkeit und Aufgabe, vernunftgemäß<br />

und verantwortlich zu handeln, dabei auch u.U. gegen den Strom zu<br />

schwimmen, unangepaßt und ‚eigensinnig‘ zu sein“ (Siebert 1985, 21).<br />

Ich greife Sieberts Bild zum Bildungsbegriff auf, ‚u.U. gegen den Strom zu<br />

schwimmen‘. Unter diesem Aspekt erscheint es weniger erstaunlich, daß grundlegende<br />

Forschungsergebnisse über den Aufbau <strong>der</strong> Identität insbeson<strong>der</strong>e<br />

aus dem Bereich klinischer Fel<strong>der</strong>, nämlich von Menschen mit abweichenden<br />

– aus <strong>der</strong> Norm fallenden – Biographien gewonnen wurden; ich erinnere an<br />

Watzlawicks Axiome menschlicher Kommunikation, an Eriksons Phasenschema<br />

zu Identität und Lebenszyklus, an Kübler-Ross’ Untersuchung <strong>zur</strong> Begleitung<br />

Sterben<strong>der</strong>, an Glaser-Strauss’ Arbeiten on death and dying und nicht zuletzt<br />

an die eigenen Forschungen <strong>zur</strong> sozialen Integration von Menschen angesichts<br />

Krisen – Krankheiten – Behin<strong>der</strong>ungen.<br />

Im folgenden sollen in aller Kürze frühere Forschungsergebnisse und daran<br />

anknüpfend Beispiele weiterführen<strong>der</strong> Forschung dargelegt werden. In einem<br />

letzten Abschnitt soll sodann auf die Wirkungen biographischer Forschungsansätze<br />

näher eingegangen werden.<br />

Eine vor einigen Jahren begonnene Analyse von rund 400 Lebensgeschichten,<br />

die Menschen in Krisensituationen aus dem In- und Ausland geschrieben<br />

hatten, ermöglichte es, das theoretische Konstrukt eines Lernprozesses<br />

<strong>zur</strong> Verarbeitung von Krisen zu erschließen. Der dabei von <strong>der</strong> Verfasserin<br />

aufgedeckte „Lernprozeß Krisenverarbeitung in acht Spiralen“ besagt:<br />

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