Beiträge der Bezugswissenschaften zur Erwachsenenbildung
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sprochene Hypothese und orientierte sich möglicherweise an demselben<br />
bzw. einem sehr ähnlichen Mechanismus: Selbstunsichere, zu Repressivität<br />
neigende Teilnehmer würden diejenigen Stimuli, die ein von <strong>der</strong> Erwartung<br />
deutlich abweichendes Verhalten des Dozenten anzeigen bzw.<br />
vermuten lassen, solange wie möglich „ignorieren“.<br />
Derartige Stimuli-Blockierungen liegen in <strong>der</strong> Linie des von <strong>der</strong> Vorurteilsforschung<br />
aufgewiesenen Phänomens des positiven Vorurteils gegenüber<br />
einer Personengruppe, <strong>der</strong> man selbst angehört, nahesteht o<strong>der</strong> angehören<br />
möchte (Bezugsgruppe) (vgl. z.B. Irle, 1975, S.386 f.).<br />
d) Weiterer Einzelbefund<br />
„Die Relevanz des Verhaltens des Beobachteten für den Beobachter spielt<br />
eine erhebliche Rolle für die Bewertungen des Beobachters. Je mehr das<br />
Verhalten <strong>der</strong> beobachteten Person interferiert mit den Zielen und Werthaltungen<br />
des Beobachters, umso wahrscheinlicher werden Folgerungen<br />
von Korrespondenzen zwischen dispositiven Attributen und manifestem Verhalten<br />
auftreten“ (Irle, 1975, S.134; im Original kursiv).<br />
e) Kommentar<br />
Diese Überlegung läßt sich auf jene „dyadischen Interaktionen“ im weiteren<br />
Sinne des Wortes (vgl. Manz, 1983) beziehen, die im Verlauf von Kursstunden<br />
immer wie<strong>der</strong> stattfinden, wenn ein Diskussionsbeitrag, ein Verfahrensvorschlag<br />
o<strong>der</strong> die Rückmeldung einer Lernschwierigkeit o<strong>der</strong> „Störung“<br />
durch einen Teilnehmer ein beson<strong>der</strong>es Eingehen des Dozenten auf<br />
diesen erfor<strong>der</strong>lich macht o<strong>der</strong> zu machen scheint 10 . Ebenso wie ein freundlich-zustimmendes<br />
Verhalten von einem Teilnehmer als Ausdruck beson<strong>der</strong>en<br />
Wohlwollens bzw. Sympathie ausgelegt werden kann, kann unfreundlich-ablehnendes<br />
Verhalten als Ausdruck des Gegenteils ausgelegt werden.<br />
Dies setzt allerdings ein gewisses Maß an quasi-paranoi<strong>der</strong> Selbstbezüglichkeit<br />
voraus, durch die sowohl <strong>der</strong> eigene Anteil als auch <strong>der</strong> Anteil<br />
<strong>der</strong> Situation am Verhalten des Dozenten übersehen wird (vgl. Irle, 1975,<br />
S.134 f.). Eine <strong>der</strong>artige Selbstbezüglichkeit kann freilich auch durch überdurchschnittliche<br />
Belastungen in <strong>der</strong> Lernsituation selbst (z.B. hoher Schwierigkeitsgrad<br />
<strong>der</strong> Lernaufgabe bei hohem „Anreizwert <strong>der</strong> Oberziele“ im Sinne<br />
von Lantermann, 1980, S.144 ff.) bedingt sein.<br />
Eine solche einmalige o<strong>der</strong> – mehr noch – eine mehrmalige Interaktion mit<br />
dem Dozenten kann <strong>zur</strong> Bildung einer impliziten Wahrnehmungshypothese<br />
beitragen, die die Wahrnehmung des Dozentenverhaltens wie auch das<br />
Verhalten ihm gegenüber bestimmt. Die Sympathie-Attribution kann ein für<br />
den Dozenten allenfalls lästiges – bei Attraktivität des Teilnehmers für ihn<br />
sogar angenehmes –, auf weitere Sympathie-Beweise abzielendes Verhalten<br />
des Teilnehmers bewirken. Die Antipathie-Attribution hingegen kann<br />
je nach dem Aggressionspotential des betreffenden Teilnehmers, dem für<br />
ihn antizipierbaren Sanktionsrisiko usw. entwe<strong>der</strong> zu verdeckt o<strong>der</strong> offen<br />
feindseligem Verhalten dem Dozenten gegenüber o<strong>der</strong> zum Drop-out führen.