Beiträge der Bezugswissenschaften zur Erwachsenenbildung
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eigenen Handlungsmöglichkeiten besitzt. Ein nicht nur realistisches, son<strong>der</strong>n<br />
zugleich auch identitätstiftendes Selbstbild muß als die Voraussetzung für die<br />
Fähigkeit flexiblen und situationsangemessenen sozialen Handelns im Verlauf<br />
des Lebens gesehen werden. Mit Identität ist dabei im wesentlichen die<br />
Kontinuität des Selbsterlebens auf <strong>der</strong> Basis des Selbstbildes gemeint.<br />
Die Bildung einer stabilen Ich-Identität wird von uns, dem reflexiv-interaktiven<br />
Modell folgend, als <strong>der</strong> Zielpunkt <strong>der</strong> Persönlichkeitsentwicklung verstanden.<br />
Eine Kontinuität des Selbsterlebens und des inneren Sich-selbst-Gleichseins<br />
kann nach diesem Verständnis nur aus einer Synthese von Individuation und<br />
Vergesellschaftung entstehen. Denn ein Mensch wird um so besser eine stabile<br />
Ich-Identität bilden können, je selbständiger, entscheidungsfähiger und handlungsfähiger<br />
er o<strong>der</strong> sie sich in <strong>der</strong> sozialen Umwelt bewegt und je mehr er<br />
o<strong>der</strong> sie in eine sichere soziale Beziehungsstruktur des sozialen Netzwerks<br />
einbezogen und von <strong>der</strong> sozialen Umwelt in wichtigen gesellschaftlichen Rollenzusammenhängen<br />
anerkannt ist. Zur Identität gehört aber zugleich auch<br />
eine lebensgeschichtliche Komponente, also das Erfahren des Sich-selbst-<br />
Gleichseins im Verlaufe des Durchschreitens verschiedener Entwicklungsabschnitte,<br />
Entwicklungsaufgaben und Lebensereignisse.<br />
Störungen <strong>der</strong> Identitätsbildung haben in dieser theoretischen Konzeption ihren<br />
Ausgangspunkt im wesentlichen in einer mangelnden Übereinstimmung zwischen<br />
den von einem Menschen erworbenen Handlungskompetenzen, die das<br />
Ergebnis <strong>der</strong> inneren Abstimmung zwischen Bedürfnissen, Motiven und Interessen<br />
sowie Umwelterwartungen sind, einerseits und den in aktuellen Lebenssituationen<br />
real werdenden Handlungsweisen an<strong>der</strong>erseits. Störungen<br />
gehen also auf eine fehlende Passung von strukturell verankerten Anfor<strong>der</strong>ungen<br />
<strong>der</strong> Umwelt und (potentiell entfaltbaren) individuellen Fähigkeiten <strong>zur</strong>ück;<br />
sie sind Indikatoren für Prozeßstrukturen, die keine den eigenen Bedürfnissen,<br />
Motiven und Interessen entsprechende Entfaltung <strong>der</strong> Persönlichkeit zulassen.<br />
In sozialisationstheoretischer Perspektive müssen neben subjektiven Handlungskompetenzen<br />
die sozialen Ressourcen stark beachtet werden, durch die<br />
ein Mensch in die Lage versetzt wird, sich mit bestimmten Handlungssituationen<br />
kompetent auseinan<strong>der</strong>zusetzen. Die sozialen und materiellen Lebensbedingungen<br />
stellen ein mehr o<strong>der</strong> weniger geeignetes Unterstützungspotential<br />
für die Handlungsvollzüge von Menschen <strong>zur</strong> Verfügung. Je<strong>der</strong> Mensch ist in<br />
ein Netzwerk von sozialen Beziehungen eingebunden, das bei einer Bewältigung<br />
von Problemkonstellationen Rückhalt bieten, hin<strong>der</strong>lich sein o<strong>der</strong> das<br />
sogar selbst als Ausgangskonstellation für Probleme auftreten kann. Ziel von<br />
sozialisationstheoretisch ableitbaren sozialen, pädagogischen und therapeutischen<br />
Interventionen muß es demnach sein, einen Menschen in die Lage<br />
zu versetzen, die handlungssituativen Anfor<strong>der</strong>ungen in einer Weise zu bewältigen,<br />
daß sich dabei neue Entwicklungsmöglichkeiten für die jeweilige Persönlichkeit<br />
eröffnen. Dazu ist einmal eine Verän<strong>der</strong>ung des sozialen, institutionell<br />
und/o<strong>der</strong> organisatorisch strukturierten Anfor<strong>der</strong>ungsprofils und zum