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Beiträge der Bezugswissenschaften zur Erwachsenenbildung

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18 bis 25 Jahren progressiv abnehmen.“ Inzwischen ist diese Frage des progressiven<br />

Abfalls <strong>der</strong> intellektuellen Leistungsfähigkeit sehr umstritten. Wenn<br />

auch kaum die These vertreten wird, daß ein Abfall nicht stattfindet, so wurden<br />

doch überzogene Vorstellungen über seine Voraussetzungen und sein<br />

Ausmaß korrigiert: Er beginnt erheblich später, betrifft intellektuelle Teilfunktionen<br />

unterschiedlich, hat generell geringe Ausprägung und ist vermutlich nur<br />

teilweise altersbedingt bzw. ontogenetisch. Die Kontroversen entstehen, wie<br />

ein Überblick über die relevanten Studien zeigt, aufgrund einer Reihe von<br />

Inkonsistenzen o<strong>der</strong> Unklarheiten (Botwinnick 1977, S.580 ff.), in bezug auf<br />

(a) die Definition von Intelligenz, (b) die verwendeten Testverfahren, (c) Stichprobenbildung<br />

und (d) Forschungsmethodik.<br />

Um mit den letzten beiden, für die Revision traditioneller Auffassungen jedoch<br />

bedeutsamsten Punkten zu beginnen: Die Untersuchungen, auf die sich Wechsler<br />

mit <strong>der</strong> oben zitierten Folgerung beruft, sind in <strong>der</strong> Regel Querschnittuntersuchungen,<br />

die also Ergebnisse aus altersverschiedenen (etwa von 16 bis<br />

90 Jahre alt), sonst vergleichbaren Gruppen von Probanden, gewonnen zu<br />

einem Meßzeitpunkt, zu einem „Entwicklungsgraphen“ zusammenfassen.<br />

Kurven dieser Herkunft zeigen in <strong>der</strong> Regel den behaupteten Abfall vom 20.<br />

o<strong>der</strong> 30. Lebensjahr an. Die Interpretation dieses Verlaufs als ontogenetisch<br />

ist jedoch keineswegs zwingend. Verschiedene Altersgruppen sind unter unterschiedlichen<br />

soziokulturellen Bedingungen aufgewachsen, so daß etwa<br />

festgestellte Intelligenzdifferenzen nicht nur ontogenetische Verän<strong>der</strong>ungen,<br />

son<strong>der</strong>n eben auch Unterschiede <strong>der</strong> Anregungsbedingungen und Lerngelegenheiten<br />

wi<strong>der</strong>spiegeln dürften (Kohorteneffekte). Längsschnittuntersuchungen,<br />

die ein- und dieselbe Gruppe von Probanden über längere Zeit und mehrere<br />

Meßzeitpunkte verfolgen, vermeiden diese Vermischung und ergeben daher<br />

in <strong>der</strong> Regel geringeren und später einsetzenden Abfall (s. Abb. 1). Allerdings<br />

wäre es verfehlt, diese Kurvenverläufe als genuin ontogenetisch auszugeben.<br />

Die anhaltende Zugänglichkeit <strong>der</strong> Probanden einer Längsschnittstudie erweist<br />

sich in <strong>der</strong> Regel als unterschiedlich: es sind vornehmlich die intelligenteren<br />

Probanden, die beständig verfügbar bleiben und so die Stichprobe zunehmend<br />

einseitiger werden lassen.<br />

Um die Wirkungen von Alter, Kohorte und Meßzeitpunkt zu separieren, werden<br />

sequentielle Strategien, die Quer- und Längsschnittanalysen kombinieren,<br />

vorgeschlagen und inzwischen auch praktiziert (Baltes 1968).<br />

In <strong>der</strong> Interpretation <strong>der</strong> Befunde einzelner Untersuchungen machen sich<br />

unterschiedliche Konzeptionen von Intelligenz vor allem im mehr o<strong>der</strong> min<strong>der</strong><br />

starken Nachdruck bemerkbar, mit dem <strong>der</strong> Schluß auf genetische und<br />

biologische Grundlagen von Leistungsmin<strong>der</strong>ung gesucht wird. Prinzipiell ist<br />

man zu solchen Schlüssen nicht genötigt, zumal <strong>der</strong> gegenwärtige Stand des<br />

Wissens sie nicht gerade begünstigt. Es könnte sogar sein, daß solche Schlüsse<br />

das Nachdenken über geeignete Anpassungen von Arbeitsanfor<strong>der</strong>ungen o<strong>der</strong><br />

an<strong>der</strong>e Kompensationen des betreffenden Leistungsabfalls behin<strong>der</strong>n.

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