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Beiträge der Bezugswissenschaften zur Erwachsenenbildung

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Lerner 1982; Magnusson/Allen 1983; Hurrelmann 1983; Dollase 1985).<br />

Die erkenntnisaufschließende Kraft des reflexiv-interaktiven Modells kann nach<br />

unserer Einschätzung nur dann voll <strong>zur</strong> Geltung gebracht werden, wenn sich<br />

die soziologische und die psychologische Theorie <strong>der</strong> Persönlichkeitsentwicklung<br />

konsequent auf die Konstruktion und Weiterentwicklung einer interaktionistisch-intersubjektivitätstheoretisch<br />

argumentierenden Handlungstheorie<br />

verpflichten. Das theoretische Potential <strong>der</strong> Handlungs- und Interaktionstheorie<br />

wird oft trotz gemeinsamer Verwendung <strong>der</strong> Modellbegriffe „Person-Umwelt-<br />

Interaktion“, „epistemologisches Subjektmodell“, „produktive Realitätverarbeitung“<br />

usw. durch die heutige Sozialisationsforschung bzw. Entwicklungspsychologie<br />

nicht voll ausgeschöpft. Vielfach bleibt die Analyse von Prozessen<br />

<strong>der</strong> Persönlichkeitsentwicklung bei <strong>der</strong> Behauptung von Wechselbeziehungsprozessen<br />

zwischen verschiedenen Bedingungsfaktoren stehen, die als „interaktiv“<br />

definiert werden, ohne den sachlogischen Charakter <strong>der</strong> Interaktion<br />

aufzuklären. Ein solches Verständnis von „Interaktion“ kann schnell inhaltsleer<br />

und theoretisch unergiebig werden.<br />

Ein möglicher Weg, oberflächlich und rein begrifflich bleibenden Orientierungen<br />

am reflexiv-interaktiven Modell zu entgehen, ist die Rückbesinnung auf<br />

die umfassende, ausdrücklich interdisziplinär angelegte intersubjektive Handlungstheorie<br />

von G.H. Mead (1934/1968). Wie Joas (1980, S.116ff.) überzeugend<br />

nachweist, hat Mead Persönlichkeit in einem umfassenden Sinn als<br />

Resultat einer Person-Umwelt-Interaktion, einer Dialektik von Vergesellschaftung<br />

und Individuation, verstanden. Sein Postulat, daß Menschen ihr Handeln unter<br />

Berücksichtigung <strong>der</strong> Handlungen <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Menschen in Interaktionsprozessen<br />

aktiv aufbauen, hat die Konsequenz, daß theoretische Ansätze, die<br />

soziales Handeln ursächlich auf determinierende Faktoren (soziale Rollen,<br />

kulturelle Normen, Befürfnisdispositionen, Triebe, Einstellungen) <strong>zur</strong>ückführen,<br />

ausgegrenzt werden. Soziale Interaktionen dürfen nicht lediglich als ein<br />

Medium verstanden werden, welches die handlungsbeeinflussenden Faktoren<br />

durchlaufen, son<strong>der</strong>n Interaktionen sind die Voraussetzung, damit solche<br />

Faktoren überhaupt in irgendeiner Weise wirksam werden können (Blumer<br />

1969). Die soziale Interaktion ist ein formen<strong>der</strong> Prozeß eigener Art, in den zwar<br />

sozialstrukturelle und psychophysische Gegebenheiten eingehen, die jedoch<br />

von einem „produktiv realitätverarbeitenden Subjekt“ interpretiert, mit Bedeutung<br />

versehen und mit den eigenen sowie den antizipierten Handlungsplänen <strong>der</strong><br />

Interaktionspartner abgestimmt werden. Persönlichkeitsentwicklung ist an<br />

soziale Beziehungen, also an soziales Handeln, gebunden. Eine Analyse sozialen<br />

Handelns darf sich we<strong>der</strong> kausal und linear auf eine einseitig psychologische<br />

Untersuchung dessen beschränken, was Menschen an psychologischen<br />

Faktoren in eine Interaktion einbringen, noch auf eine einseitig soziologische<br />

Untersuchung <strong>der</strong> den Interaktionen vorausgehenden gesellschaftlichen<br />

Bedingungen.<br />

Wir benötigen eine handlungstheoretische Argumentation, die im Sinne einer<br />

„Brückentheorie“ Anschlußmöglichkeiten sowohl zu sozialisationstheoretischen

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