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Beiträge der Bezugswissenschaften zur Erwachsenenbildung

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sel von jeweils vorherrschenden Erfahrungsmodalitäten, die Segmentierung<br />

von narrativen Ober- und Untereinheiten (Suprasegmenten und Erzählsegmenten),<br />

die Verknüpfung zu Erzähllinien, schließlich die Herausarbeitung und<br />

Variation von dominanten Erzähllinien (cf Schütze 1984:97 f). Auch <strong>der</strong> Einschub<br />

„theoretisch-argumentativer Kommentare“, von nicht-narrativen Evaluationen<br />

o<strong>der</strong> Bilanzierungen kann als Gestaltungselement <strong>der</strong> Erfahrungsverknüpfung<br />

verwendet werden.<br />

Soziale Rahmen<br />

Als dritte kognitive Figur autobiographischen Stegreiferzählens registriert<br />

Schütze „Situationen, Lebensmilieus und soziale Welten“ (1984:98 ff). Damit<br />

sind ausdrücklich nicht soziale Prozesse gemeint, <strong>der</strong>en „intentionale Adressierung“<br />

dem Erzähler unmöglich ist, weil sie sich gleichsam als „heteronome<br />

Systembedingungen lebensgeschichtlichen Handelns und Erleidens“ seinem<br />

Vorstellungshorizont entziehen (ebd.:99; im Original teilweise kursiv!). Vielmehr<br />

geht es um die Darstellung „sozialer Rahmen“, in die <strong>der</strong> Biographieträger<br />

seine Rekapitulation „einlagern“ muß, will er ihr Plausibilität sichern.<br />

Deshalb treten solche Darstellungen bevorzugt in <strong>der</strong> Anfangsphase biographischer<br />

Stegreiferzählungen, aber auch bei „Ereignis- und Erlebnishöhepunkten“<br />

und vor allem beim „Wechsel“ dominanter Prozeßstrukturen des Lebensablaufs<br />

auf (cf ebd.:99 f).<br />

Gesamtgestalt <strong>der</strong> Lebensgeschichte<br />

Je<strong>der</strong> biographische Erzähler ist gehalten, neben <strong>der</strong> Selbsteinführung, <strong>der</strong><br />

Verknüpfung bestimmter Ablaufmuster und <strong>der</strong> Charakterisierung sozialer<br />

Rahmen eine Gesamtgestalt seiner Lebensgeschichte zu präsentieren, die die<br />

heterogene „Gemengelage“ von Erfahrungen und Ereignissen, von konkurrierenden<br />

Prozeßstrukturen und entsprechenden „Erzähllinien“ zu einer „biographischen<br />

Gesamtformung“ zusammenfügt (cf Schütze 1984:102 ff). Auf<br />

diesen Gestaltungszwang verweisen „Erzählpräambeln“ zu Beginn vieler autobiographischer<br />

Stegreiferzählungen, die mit bilanzierenden „Kodaphasen“<br />

in relevanten „Rahmenschaltungen“ <strong>der</strong> Erzählung und in aller Regel am Ende<br />

einer narrativen Rekapitulation korrespondieren (cf ebd.: 102 f). Der Erzähler<br />

erinnert eben nicht allein seinen Lebensablauf; er vermittelt auch eine<br />

gewisse „Moral“ seiner Lebensgeschichte. Er wählt einen spezifischen Aspekt<br />

„autobiographischer Thematisierung“, <strong>der</strong> unverwechselbar und interessant<br />

zugleich ist. Dabei „organisiert“ er die dominanten Erzähllinien <strong>der</strong> autobiographischen<br />

Erinnerung, schafft Hierarchien und Konkurrenzen, entwickelt<br />

gelegentlich auch dilemmatische Vermeidungsstrategien, die es ihm verunmöglichen,<br />

„Identität“ überhaupt noch zu formulieren (cf ebd.: 107 f). In jedem<br />

Falle greift er auf die kognitive Figur <strong>der</strong> Gesamtgestalt <strong>der</strong> Lebensgeschichte<br />

<strong>zur</strong>ück.<br />

Schütze zieht aus <strong>der</strong> Präsentation seiner kognitiven Figuren des autobiographischen<br />

Stegreiferzählens Konsequenzen für die methodologische Anlage<br />

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