Beiträge der Bezugswissenschaften zur Erwachsenenbildung
Beiträge der Bezugswissenschaften zur Erwachsenenbildung
Beiträge der Bezugswissenschaften zur Erwachsenenbildung
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
158<br />
ist auf einen organismusimmanenten Ziel- o<strong>der</strong> Endpunkt hin, nämlich das<br />
Erreichen <strong>der</strong> qualitativ höchsten Entwicklungsstufe, gerichtet. Eine typische<br />
Umsetzung dieses Modells findet sich in <strong>der</strong> genetischen Entwicklungstheorie<br />
Piagets.<br />
c) Das systemische Modell: In diesem Modell ergeben sich die Impulse für<br />
die menschliche Entwicklung aus <strong>der</strong> wechselseitigen Anpassung und<br />
Durchdringung („lnterpenetration“) von Person und Umwelt als psychischem<br />
bzw. sozialem System. Im Prozeß <strong>der</strong> Entwicklung nimmt eine Person schrittweise<br />
die Erwartungen und Verhaltensmaßstäbe des sozialen Systems auf,<br />
bis diese zu verinnerlichten und selbstwirksamen Motivierungskräften und<br />
Zielen für das eigene Handeln werden. Soziales und psychisches System<br />
durchdringen sich gegenseitig und pendeln sich im Verlauf ihrer Entwicklung<br />
jeweils auf bestimmte mehr o<strong>der</strong> weniger stabile Gleichgewichtszustände<br />
ein. Es existiert also kein fixierter Ziel- und Endpunkt <strong>der</strong> menschlichen<br />
Entwicklung, doch strebt die wechselseitige Beziehung zwischen<br />
Person und Umwelt einem Gleichgewichtszustand zu. Allein in diesem<br />
Zustand ist die optimale Entfaltung persönlicher Bedürfnisse und Handlungen<br />
möglich. Eine typische Umsetzung dieses Modells findet sich in <strong>der</strong><br />
strukturell-funktionalistischen Theorie von Parsons.<br />
d) Das reflexiv-interaktive Modell: Menschliche Entwicklung und Entwicklung<br />
<strong>der</strong> sozialen und gegenständlichen Umwelt werden in wechselseitiger Abhängigkeit<br />
gesehen. Das menschliche Subjekt befindet sich in einem produktiven<br />
Aneignungs- und Auseinan<strong>der</strong>setzungsprozeß mit <strong>der</strong> Umwelt. Das<br />
menschliche Subjekt kann die eigene Situation bewußt reflektieren und in<br />
die eigenen Handlungsabläufe einbeziehen. Es wählt bestimmte Mittel <strong>zur</strong><br />
Erreichung bestimmter Ziele aus, bedenkt die Folgen des entsprechenden<br />
Handelns und stellt in Rechnung, daß diese Folgen die kontextuellen Bedingungen<br />
für das eigene Handeln verän<strong>der</strong>n. Auch in dieser Modellvorstellung<br />
existiert kein organismusimmanenter Ziel- und Endpunkt <strong>der</strong><br />
menschlichen Entwicklung. Vielmehr gilt <strong>der</strong> Erwerb von gesellschaftlich<br />
bestimmten sozialen und kulturellen Kompetenzen des Handelns, um in<br />
<strong>der</strong> gesellschaftlichen Umwelt autonom handlungsfähig zu sein und über<br />
eine eigene Identität zu verfügen, als Kriterium für eine gelingende Entwicklung.<br />
Eine typische Umsetzung dieses Modells findet sich in <strong>der</strong> handlungstheoretischen<br />
Konzeption von G.H. Mead und seinen Nachfolgern.<br />
Welches dieser Modelle als Grundlage und Ausgangspunkt für Theoriebildung<br />
und Methodenwahl genommen wird, ist letztlich von verschiedenen Unwägbarkeiten<br />
wie etwa dem Ausbildungs- und Erfahrungshintergrund <strong>der</strong> Wissenschaftler<br />
o<strong>der</strong> Wissenschaftlergruppen abhängig. Der Prozeß <strong>der</strong> Umsetzung<br />
<strong>der</strong> metatheoretischen Vorstellung in theoretische Konstrukte folgt keinen in<br />
<strong>der</strong> Wissenschaftlergemeinschaft allgemein anerkannten und geteilten Kriterien,<br />
son<strong>der</strong>n ist von Konventionen abhängig, die im historischen Prozeß Verän<strong>der</strong>ungen<br />
erfahren. Diese Konventionen legen jeweils fest, was als angemessene<br />
Umsetzung gelten kann. In <strong>der</strong> Regel werden die metatheoretischen