Beiträge der Bezugswissenschaften zur Erwachsenenbildung
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171<br />
teraktionistisch bezeichneten Position auf Wechselwirkungsprozesse zwischen<br />
personalen, familialen und schulischen Bedingungsfaktoren für Beeinträchtigungen<br />
und Störungen <strong>der</strong> Lern- und Leistungsfähigkeit zu verweisen. Man<br />
geht davon aus, daß Schüler nicht nur deshalb Schwierigkeiten in <strong>der</strong> Schule<br />
haben, weil sie Fähigkeitsdefizite aufweisen und/o<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Schule unangemessen<br />
geför<strong>der</strong>t werden, son<strong>der</strong>n daß einzelne Bedingungsfaktoren in<br />
„Interaktion“ miteinan<strong>der</strong> treten, daß es von <strong>der</strong> Situation und ihrer Wechselwirkung<br />
mit <strong>der</strong> Person abhängt, ob und in welchem Ausmaß Lern- und Leistungsstörungen<br />
entstehen (Schwarzer 1980, S.171).<br />
In <strong>der</strong> Forschungsrealität jedoch wird die Programmatik <strong>der</strong> vielfach verwendeten<br />
Metapher <strong>der</strong> „Person-Umwelt-Interaktion“ kaum systematisch eingelöst.<br />
Die Frage, über welche Prozesse ein Schüler o<strong>der</strong> eine Schülerin die<br />
Bedingungen <strong>der</strong> „inneren Realität“ beispielsweise mit den schulischen Strukturund<br />
Handlungsbedingungen vermittelt, um auf diese Weise zu einer produktiven<br />
Auseinan<strong>der</strong>setzung mit seiner bzw. ihrer Umwelt zu gelangen, bleibt<br />
ungelöst. Statt dessen führt die Einbeziehung sozialökologischer Faktoren auch<br />
in diesem Bereich zunächst lediglich zu einer Erweiterung des Variablenkranzes,<br />
mit dem letztlich wie<strong>der</strong> nur ein als problematisch erkanntes individuelles<br />
Verhalten erklärt werden soll.<br />
Die handlungstheoretische Konzeption verspricht auch in diesem Anwendungsfeld<br />
<strong>der</strong> Sozialisationstheorie neue Perspektiven und Erklärungsmöglichkeiten.<br />
Schulische Einflüsse auf die Persönlichkeitsentwicklung lassen sich unter<br />
konsequenter Umsetzung <strong>der</strong> Programmatik <strong>der</strong> Person-Umwelt-Interaktion<br />
analysieren. Dabei wird davon ausgegangen, daß <strong>der</strong> Schule im sozialökologischen<br />
Lebenszusammenhang von Kin<strong>der</strong>n und Jugendlichen neben<br />
<strong>der</strong> Familie ein nicht zu unterschätzendes Gewicht zukommt (Bronfenbrenner<br />
1981; Kury/Lerchenmüller 1983). In einer handlungstheoretischen Sozialisationsforschung<br />
wird es deshalb auch darum gehen müssen, Persönlichkeitsentwicklung<br />
im Kontext schulischen Handelns auf Korrespondenzen und<br />
Wechselwirkungen zwischen sozialstrukturell und sozialökologisch beeinflußten<br />
Interaktionsstrukturen und subjektiven Verarbeitungsmodi bzw. psychischen<br />
Strukturbedingungen abzufragen. Schulschwierigkeiten im Sinne von Lern- und<br />
Verhaltensschwierigkeiten unterschiedlichen Umfangs, Grades wie unterschiedlicher<br />
Dauer müssen im Kontext umfassen<strong>der</strong> lebenslagenspezifischer Problemkonstellationen<br />
verortet und als Indikatoren für Belastungen im Prozeß<br />
<strong>der</strong> Verarbeitung von Lebens- und Entwicklungsaufgaben betrachtet werden.<br />
Eine Orientierung an handlungstheoretischen Prämissen weist einer schulischen<br />
Sozialisationsforschung die Aufgabe zu, das Phänomen Schulschwierigkeiten<br />
auf einer zwischen Sozialstruktur und Persönlichkeitsentwicklung<br />
vermittelnden Ebene zu rekonstruieren. Dabei sind drei methodische Konsequenzen<br />
zu beachten:<br />
1. Schulschwierigkeiten sind (auch) dort zu verorten, wo sie strukturell – im<br />
Unterschied zu an<strong>der</strong>en gesellschaftlichen Lebensbereichen – als Probleme<br />
<strong>der</strong> und mit <strong>der</strong> bürokratisch organisierten Schule auftreten (Kleber 1977).