Monographie Bonn-Rhein-Sieg
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Stephanie Bulang-Matern<br />
DER HANDEL ZWISCHEN DEN WELTEN –<br />
SINNLICHES EINKAUFSERLEBNIS ODER „CLICK-TO-BUY“?<br />
110<br />
Seit der eigentliche Erfinder des Telefons Johann Philipp Reis<br />
seinen Schwager den legendären Satz „Das Pferd frisst<br />
keinen Gurkensalat“ in den Hörer tröten ließ, hat sich die<br />
Technik fast schon in Quantensprüngen entwickelt. Dem<br />
Fortschritt eine Chance zu geben, war zwar eine Bomben -<br />
idee, hat aber bis heute nicht immer funktioniert. Denn die<br />
menschliche Leistungsfähigkeit, sich mit neuen Dingen vertraut<br />
zu machen und sie zielführend einzusetzen, ließe sich<br />
manchmal mit „dezent eingeschränkt“ umschreiben.<br />
Es war einmal . . .<br />
Viel hat das mit Möglichkeiten zu tun, viel aber auch mit<br />
Erziehung, (Aus-)Bildung, dem Mut zu Neuem und einer<br />
gewissen Risikofreudigkeit. Der sattsam bekannte Satz „Das<br />
haben wir schon immer so gemacht.“ ist wenig geeignet,<br />
dem Fortschritt eine Chance zu geben. Wer nicht auf den<br />
fahrenden Zug springt – der (technischen) Entwicklung<br />
quasi hinterherhoppelt – darf sich nicht wundern, wenn sein<br />
geschäftliches Überleben zeitlich begrenzt ist.<br />
Ein Paradebeispiel für das Prinzip „Bloß nix Neues“ ist das<br />
immer wieder praktizierte Verhalten des stationären Einzelhandels.<br />
Konsequenz: Ein Laden nach dem anderen muss<br />
schließen. Das Institut für Handelsforschung Köln prognostiziert<br />
bis 2020 jedem zehnten Ladengeschäft in Deutschland<br />
das Aus. Und dabei ist der stationäre Handel unver -<br />
zichtbar. Schöne Geschäfte mit qualifizierter Beratung,<br />
Ser vice und einem „Gesicht“ geben jedem Ort sein ganz<br />
besonderes Flair. Einkaufen ist ein sinnliches Vergnügen.<br />
Riechen, Schmecken, Fühlen lassen sich durch kein Internet<br />
dieser Welt ersetzen. Aber all das hilft nichts, wenn der<br />
Kunde immer häufiger von der Couch aus einkaufen geht.<br />
Neue Geschäftsmodelle wagen<br />
Was nun? Die große Frage besteht aus drei Teilen: Wie tickt<br />
der Kunde? Was will er? Wodurch kann der Einzelhandel<br />
den Kunden halten? Und die Antwort? Die ist recht eindeutig,<br />
denn viele Einzelhändler haben die Entwicklung<br />
verstanden. Für sie heißt es nicht mehr entweder-oder,<br />
sondern sowohl-als auch. Cross-Channel-Strategien bieten<br />
vielverspre chen de Möglichkeiten, das Angebot vor Ort mit<br />
dem World Wide Web, die Bindung von Bestandskunden<br />
und die Gewinnung neuer Zielgruppen zu bündeln. Hier<br />
treffen und ergänzen sich sinnliches Einkaufserlebnis und<br />
direkte Produktverfügbarkeit vor Ort mit Transparenz und<br />
Bequemlichkeit beim Einkauf im Internet. Auf diese Weise<br />
wird das Beste aus beiden Welten zusammengeführt.<br />
Nun darf natürlich nicht unter den Teppich gekehrt werden,<br />
dass der Weg ins Internet einer Vielzahl stationärer Händler<br />
nicht ganz leicht fällt. Zumal sich die Frage stellt, ob sich der<br />
Aufwand eines eigenen Onlineshops rechtfertigt. Un -<br />
bedingt ja, aber niemand muss den Gang ins Internet alleine<br />
wagen. Sinnvoll ist es vielmehr, sich geeignete Mitstreiter zu<br />
suchen. Denn ein Zusammenschluss im Interessenverband<br />
stellt für alle Beteiligten eine günstige Alternative zu<br />
Alleingängen dar. Beruhigend, dass es dazu in Nordrhein-<br />
Westfalen schon eine ganze Reihe funktionierender<br />
Beispiele gibt.<br />
Handel im Wandel<br />
Und dann geht es sofort darum, Cross-Channel-Konzepte<br />
für den stationären Handel zu entwerfen, die mit den<br />
spe zifischen Vorzügen des Local Commerce zwecks