Monographie Bonn-Rhein-Sieg
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Stephanie Bulang-Matern<br />
DIE BUNDESSTADT BONN –<br />
VOM BEHÖRDEN- ZUM WIRTSCHAFTSSTANDORT<br />
16<br />
An Tagen, die bereits den Morgenkaffee durch Zeitungs -<br />
schlagzeilen zum Abzug der Ministerien nach Berlin zu<br />
einer finsteren Plörre werden lassen, hilft neben einem<br />
Schluck Wasser und tief durchatmen zur Senkung des<br />
eruptiv gestiegenen Blutdrucks die Erkenntnis, dass ein<br />
Gesetz offenbar nicht Gesetz sein muss.<br />
Denn wenn es anders wäre, müsste sich kein Mensch<br />
darüber echauffieren, dass der Verbleib aller noch ansäs -<br />
sigen Ministerien in der einstigen Bundeshauptstadt überhaupt<br />
zur Disposition stehen könnte. Der Kaffeeduft würde<br />
den Start in den Tag zu einer schnuckeligen Angelegenheit<br />
machen und sein Geschmack für beflügelnde Wohligkeit<br />
sorgen. Aber es geht auch so! Muss ja! Und deshalb wenden<br />
wir uns lieber der Frage zu, wie das kleine <strong>Bonn</strong> mit der Entfernung<br />
des „haupt“ aus Bundeshauptstadt fertig geworden<br />
ist.<br />
Die Identität einer Stadt<br />
<strong>Bonn</strong> verändert sich oder noch besser: <strong>Bonn</strong> hat sich neu<br />
erfunden. Nach dem Exodus der Bundesorgane und fast<br />
aller diplomatischen Vertretungen hat sich der <strong>Bonn</strong>er des<br />
Rheinischen Grundgesetzes erinnert und mit „Et kütt wie<br />
et kütt“ die Trümmer seines angeschlagenen Selbstbewusstseins<br />
ausgeräumt. Die pittoresk-traditionelle Stadt am Rhein<br />
packte ihren Charme selbstbewusst in beide Hände,<br />
schürzte ihren Kussmund, wurde weltoffen, innovativ und<br />
wegweisend. Die Sorge, kein Profil mehr zu haben, erwies<br />
sich schnell als unbegründet. Im Gegenteil – die Bundesstadt<br />
empfahl sich als Standort für einen gesunden<br />
Mittelstand und mehrere DAX-Unternehmen. Sie öffnete<br />
den neu angesiedelten UNO-Organisationen ihr Herz und<br />
machte sich für Global Player interessant.<br />
Aus dem Behördenstandort wurde eine prosperierende<br />
Wirtschaftsregion <strong>Bonn</strong>/Rhein-<strong>Sieg</strong> mit einer Vielzahl an<br />
Dienstleistungen und einem feinen industriellen Mittelstand<br />
– vor allem im Rhein-<strong>Sieg</strong>-Kreis. Wirtschaftlich hat die Region<br />
den Regierungsumzug entgegen erster Befürchtungen und<br />
negativer Erwartungen gut verkraftet. Sie hat an Einwoh -<br />
nerzahl und Unternehmen kräftig zugelegt: bei den IHK-<br />
Unternehmen von 33 492 im Jahr 1990 um satte 57,6<br />
Prozent auf 52 795 im Jahr 2016. Als besonderer wirt -<br />
schaftlicher Schwerpunkt hat sich die IT-Branche entwickelt,<br />
und das nicht allein durch die Privatisierung der Deutschen<br />
Bundespost.<br />
<strong>Bonn</strong> ist „in“<br />
Schon vor mehr als 2000 Jahren verstanden die Römer was<br />
von der Schönheit dieses Fleckchens Erde; denn nicht<br />
umsonst schlugen sie genau hier am Rhein ihr Lager<br />
auf. Den Römern folgten viele Wahlbonner nach. Aus <strong>Bonn</strong><br />
ist heute ein attraktiv-bedeutender Kultur-, UNO-, Universitäts-,<br />
Wissenschafts- und Wirtschaftsstandort geworden.<br />
Das Bundesviertel ist ein aktuelles Beispiel für den erfolg -<br />
reichen Strukturwandel <strong>Bonn</strong>s nach dem Ende der Hauptstadt-Ära:<br />
Wo jahrzehntelang Bundesregierung und Par -<br />
lament zu Hause waren, haben 19 UNO-Sekretariate mit<br />
rund 1000 Mitarbeitern ihren Sitz. Im ehemaligen Plenarsaal<br />
des Deutschen Bundestages, dem Herzstück des modernen<br />
World Conference Center <strong>Bonn</strong>, trifft sich die Welt und gleich<br />
nebenan stehen die modernen Firmenzentralen der<br />
Deutschen Telekom und der Deutschen Post DHL.