Wirtschaftsrecht II - Studentenverbindung Concordia Bern
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Prof. Dr. Roland von Büren WS 1998/99<br />
Version vom 7. Mai 2001 <strong>Wirtschaftsrecht</strong> <strong>II</strong><br />
• die zwar nicht gegen das Gesetz oder die Statuten verstossen, aber in unsachlicher<br />
Weise Rechte und Pflichten von Aktionären entziehen oder beschränken (Art. 706<br />
<strong>II</strong> Ziff. 2 OR);<br />
• eine durch den Gesellschaftszweck nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung oder<br />
Benachteiligung der Aktionäre bewirken oder gegen das Prinzip der schonenden<br />
Rechtsausübung verstossen (Art. 706 <strong>II</strong> Ziff. 3 OR);<br />
• die Gewinnstrebigkeit der Gesellschaft ohne Zustimmung sämtlicher Aktionäre<br />
aufheben (Art. 706 <strong>II</strong> Ziff. 4 OR).<br />
Häufige Fälle sind die Teilnahme Unbefugter (Art. 691 OR) oder die Nichtzulassung<br />
Befugter (Art. 706 <strong>II</strong> Ziff. 1 OR) an der Generalversammlung:<br />
• Speziell geregelt ist die Zulassung Unbefugter an die Generalversammlung: ein Aktionär<br />
– auch wenn er an der Generalversammlung selbst nicht dagegen protestiert<br />
hat – kann die dort gefällten Beschlüsse anfechten, sofern die Gesellschaft nicht<br />
beweist, dass die unbefugte Mitwirkung keinen Einfluss auf die Beschlussfassung<br />
ausgeübt hat (Kausalitätserfordernis: die Anwesenheit von Hilfspersonal, Beleuchter<br />
usf. soll kein Anfechtungsgrund sein; ansonsten reicht bereits die Präsenz Unberechtigter<br />
zur Anfechtung aus).<br />
• Die Nichtzulassung von berechtigten Aktionären fällt unter die Anfechtbarkeit gemäss<br />
Art. 706 <strong>II</strong> Ziff. 1 OR. Nach Gesetz würde an sich ein einziger nicht zugelassener,<br />
berechtigter Aktionär ausreichen, um die Generalversammlung wiederholen<br />
zu lassen; dies erscheint jedoch nicht sinnvoll, weshalb auch hier das Kausalitätserfordernis<br />
von Art. 691 <strong>II</strong>I OR gelten sollte.<br />
Die Klage richtet sich gegen die Gesellschaft (Passivlegitimation). Klagen kann jeder<br />
Aktionär und der Verwaltungsrat (Aktivlegitimation). Ist der Verwaltungsrat Kläger, so<br />
bestellt der Richter einen Vertreter für die Gesellschaft (weil sonst der Verwaltungsrat<br />
seine und die Interessen der Gesellschaft zu vertreten hätte! [Art. 706a <strong>II</strong> OR]). Gläubiger<br />
hingegen sind nicht zur Klage legitimiert (obwohl auch sie berechtigte Interessen<br />
haben könnten).<br />
Die Klage ist befristet (Art. 706a I OR): Nach 2 Monaten verwirkt die Klagemöglichkeit<br />
endgültig und selbst ein Beschluss der in übelster Weise gegen das Gesetz verstösst<br />
wird gültig!!! Rechtsunsicherheit soll, wie es für das Handelsrecht typisch ist, soweit<br />
als möglich vermieden bzw. möglichst eingeschränkt werden (Art. 706a I OR). Umgekehrt<br />
lässt sich demnach sagen, dass alle Beschlüsse der Generalversammlung resolutiv<br />
bedingt zustande gekommen sind.<br />
Bei Gutheissung der Klage, wird der Beschluss aufgehoben (kassatorische Wirkung des<br />
Urteils: als wäre der Beschluss nie gefasst worden), aber nicht korrigiert. Das Urteil<br />
wirkt nicht nur für oder gegen den Kläger, sondern für oder gegen alle Aktionäre: erga<br />
omnes-Wirkung (Art. 706 V OR).<br />
Da der Streitwert solcher Klagen meist sehr hoch ist (im Falle der Klage BK Vision v.<br />
SBG waren es ca. 3,5 Mia. Fr.) und deswegen die Gefahr besteht, dass die Klagen aus<br />
Furcht vor den Konsequenzen bei einer Niederlage nicht erhoben werden (Realität unter<br />
dem alten Aktienrecht), hat der Gesetzgeber im revidierten Aktienrecht die Möglichkeit<br />
geschaffen, dass im Extremfall die Gesellschaft die Prozesskosten auch dann zu tragen<br />
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