Wirtschaftsrecht II - Studentenverbindung Concordia Bern
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Prof. Dr. Roland von Büren WS 1998/99<br />
Version vom 7. Mai 2001 <strong>Wirtschaftsrecht</strong> <strong>II</strong><br />
A) Die Unternehmenszusammenfassung<br />
Ein Tatbestandsmerkmal des Konzern ist die tatsächliche Beherrschung „durch Stimmenmehrheit<br />
oder auf andere Weise“. Die blosse Möglichkeit der Beherrschung reicht<br />
104, 105<br />
nicht aus, sie muss tatsächlich ausgeübt werden.<br />
Die Beherrschung kann erfolgen durch:<br />
• Besitz der Aktienmehrheit bzw. einer bedeutenden Beteiligung (in der Schweiz die<br />
nahezu ausschliessliche Form der Beherrschung im Konzern); sicher möglich bei<br />
100%, aber auch schon bei 50,01% u.ä. (wobei allerdings die Sperrminorität von<br />
Art. 704 OR bei wichtigen Beschlüssen zu beachten ist); der beherrschende Einfluss<br />
kann aber auch schon bei einer bedeutenden Minderheitsbeteiligung (z.B. 20%) gegeben<br />
sein, wenn alle übrigen Aktien breit gestreut sind und nicht mit „organisiertem<br />
Widerstand“ zu rechnen ist; 106<br />
• Personen, d.h. personelle Verflechtungen wie die Identität von Verwaltungsräten in<br />
zwei Unternehmen, das Entsenden der Mehrheit der Verwaltungsratsmitglieder oder<br />
der Geschäftsleitung, welche Möglichkeit der Beherrschung natürlich weniger stabil<br />
ist als diejenige durch eine Beteiligung. Allerdings ist die Geschäftsleitung durch<br />
ihren täglichen Kontakt mit dem Geschäftsgang als eigentliches Zentrum der Macht<br />
in einer Gesellschaft oder einem Konzern anzusehen, sie hat einen sehr grossen Einfluss<br />
auch auf die Generalversammlung und den Verwaltungsrat; 107<br />
• Vertrag zwischen dem beherrschenden und dem abhängigen Unternehmen, in dem<br />
sich dieses verpflichtet, sich jenem zu unterwerfen (Vertragskonzern; vgl. unten<br />
6.2.3A);<br />
• wirtschaftliche Abhängigkeit (z.B. über gewährte Darlehen, überlassene Immaterialgüterrechte<br />
und Lizenzverträge 108 ); eine Gesellschaft kann ihre wirtschaftliche<br />
Macht zur Beherrschung einer andern Gesellschaft benutzten. 109<br />
In der Realität kommen diese Formen der Beherrschung kaum in reiner Form vor –<br />
Mischformen sind die Regel, d.h. Einfluss durch Beteiligung, aber auch durch personelle<br />
Verflechtung und wirtschaftliche Abhängigkeit. Im Fall von Übernahmen verbleiben<br />
104 Die Familie Sacher beispielsweise beherrscht Roche nicht durch ihre Beteiligungen und bildet deshalb<br />
auch keinen Konzern, obwohl sie die Möglichkeit der Beherrschung durchaus hätte.<br />
105 Im Unterschied dazu greift die Fusionskontrolle bereits ein, wenn die blosse Möglichkeit der Beherrschung<br />
besteht (Kontrollerwerb [Art. 4 <strong>II</strong>I lit. b KG; Art. 1 VKU]). Vgl. auch Handelsrecht I, S. 110<br />
ff.<br />
106 Die wichtigsten Schwellen sind demnach 10 (Einberufungsrecht, Sonderprüfung), 33 1 /3 (Sperrminorität<br />
für wichtige Beschlüsse), 50 (Mehrheitsbeteiligung) und 66 2 /3 (alle Beschlüsse möglich) Prozent<br />
der Stimmrechte. Das Erreichen, Über- oder Unterschreiten ist denn auch nach Art. 20 BEHG meldepflichtig.<br />
107 Zur Problematik des Doppelmandates Verwaltungsratspräsident und oberstes Mitglied der Geschäfts-<br />
leitung vgl. 3.3.4B)c)i) und Fn. 53.<br />
108 So kann beispielsweise ein Unternehmen, welches für die ganze Schweiz die Alleinvertretung eines<br />
bestimmten Produktes erhalten hat, in grosse Abhängigkeit geraten, wenn der Lizenzgeber droht, den<br />
Vertrag zu kündigen, welcher für die Existenz des Unternehmens von grösster Bedeutung ist.<br />
109 Hacco Gümligen beispielsweise ist zwar ein „selbständiges“ Unternehmen, produziert aber fast ausschliesslich<br />
für die Migros und dadurch von dieser wirtschaftlich völlig abhängig.<br />
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