Wirtschaftsrecht II - Studentenverbindung Concordia Bern
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Prof. Dr. Roland von Büren WS 1998/99<br />
Version vom 7. Mai 2001 <strong>Wirtschaftsrecht</strong> <strong>II</strong><br />
3.2 Die Genossenschaft<br />
MEIER-HAYOZ/FORSTMOSER, 19 N 2 ff.<br />
3.2.1 Der Begriff<br />
Die Genossenschaft nimmt unter den Gesellschaften des Obligationenrechts eine Sonderstellung<br />
ein, dies zeigt sich schon an der Überschrift dessen dritter Abteilung: Die<br />
Handelsgesellschaften und die Genossenschaft.<br />
Die Genossenschaft ist diejenige Gesellschaft, die sich am meisten von der Aktiengesellschaft<br />
unterscheidet. Sie ist im Gegensatz zur reinen Kapitalgesellschaft die typische<br />
Personenvereinigung, sie hat im Extremfall nicht einmal ein Grundkapital. Ihr Zweck<br />
ist nicht die Akkumulation von Gewinn, sondern die Selbsthilfe der Genossenschafter<br />
(auch wenn diese Selbsthilfe in geldwerten Leistungen erfolgen kann [Art. 828 OR]).<br />
Dennoch ist die Genossenschaft eine juristische Person, die unter eigener Firma auftritt.<br />
A) Die nicht geschlossene Zahl von Mitgliedern<br />
Das typische Merkmal der Genossenschaft ist die nicht geschlossene Zahl von Mitgliedern.<br />
Die Genossenschaft darf Neumitgliedern den Eintritt nicht übermässig erschweren<br />
(Art. 839 <strong>II</strong> OR). Die Genossenschaft kann jedoch ein Gesuch auf Eintritt grundlos ablehnen;<br />
einen klagbaren Anspruch auf Aufnahme gibt es nicht!<br />
Selbstverständlich sind Beschränkungen möglich, die z.B. nur Rebbauern als Mitglieder<br />
einer Rebbaugenossenschaft zulassen oder nur Landwirte als Mitglieder einer landwirtschaftlichen<br />
Genossenschaft.<br />
B) Das Grundkapital der Genossenschaft<br />
Ein Grundkapital ist für die Genossenschaft nicht zwingend erforderlich. Das Gesetz<br />
enthält kein Vorschriften über die Höhe des Grundkapitals, ja die Festlegung einer solchen<br />
Höhe ist gar nicht erlaubt (Art. 828 <strong>II</strong> OR).<br />
Wenn die Genossenschaft über ein Grundkapital verfügt, kann dessen Höhe nicht bestimmt<br />
werden, da die Zahl der Gesellschafter nicht bestimmt ist. Ein Grundkapital<br />
muss in Anteile (bzw. Anteilscheine) zerlegt werden (Art. 833 Ziff. 1, 853 OR), jeder<br />
Genossenschafter muss mindestens einen Anteilschein zeichnen. Die Statuten können<br />
bestimmen, dass bis zu einer gewissen Höchstzahl mehrere Anteilscheine erworben<br />
werden dürfen (Art. 853 <strong>II</strong> OR).<br />
Besitzt die Genossenschaft ein Grundkapital, gelten für die Herabsetzung überdies die<br />
Regeln der Aktiengesellschaft (Art. 874 <strong>II</strong> i.V.m. 732 ff. OR).<br />
Besteht ein Gesellschaftsvermögen, hat der Gesetzgeber die weitere Vermehrung noch<br />
gefördert, indem ein Reingewinn – sofern nichts anderes statuiert ist – vollumfänglich<br />
in dieses Vermögen fällt (Art. 859 I OR) und gesetzlich die Bildung eines Reservefonds<br />
vorgeschrieben ist (Art. 860 OR). Eine allfällige Gewinnausschüttung ist auf die Rendite<br />
von z.B. Bundesobligationen beschränkt (Art. 859 <strong>II</strong>I OR).<br />
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