Wirtschaftsrecht II - Studentenverbindung Concordia Bern
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Prof. Dr. Roland von Büren WS 1998/99<br />
Version vom 7. Mai 2001 <strong>Wirtschaftsrecht</strong> <strong>II</strong><br />
F) Der Erwerb eigener Aktien<br />
Beim Erwerb eigener Aktien bindet die Aktiengesellschaft betriebsnotwendige Mittel<br />
durch eine Beteiligung an sich selbst. Sie wird damit abhängig vom Kurs der eigenen<br />
Aktien (wenn der Kurs fällt, verringern sich die Aktiven der Gesellschaft!).<br />
Das neue Aktienrecht lässt (strenger als das frühere) den Kauf eigener Aktien nur noch<br />
sehr beschränkt zu (Art. 659 ff. OR):<br />
• Es dürfen höchstens 10% eigener Aktien im Besitz der Aktiengesellschaft sein<br />
(ausnahmsweise 20%: Art. 659 <strong>II</strong> i.V.m. 685b I OR);<br />
• die Finanzierung des Kaufs darf weder aus Aktienkapital, noch aus Partizipationskapital<br />
oder aus gesetzlichen oder statutarischen Reserven erfolgen;<br />
• die Gesellschaft muss gleichzeitig in der Höhe des Kaufpreises eine Reserve bilden<br />
(Art. 659a <strong>II</strong> OR);<br />
• und im Anhang des Jahresberichts müssen über den Kauf eigener Aktien Angaben<br />
über Erwerb, Veräusserung und Anzahl publiziert werden (Art. 663b Ziff. 10 OR).<br />
Das gleiche gilt, wenn eine abhängige Gesellschaft Aktien ihrer herrschenden Gesellschaft<br />
kauft (Art. 659b I, <strong>II</strong> OR); die Reserven sind nicht bei der abhängigen, sondern<br />
bei der herrschenden Gesellschaft zu bilden (Art. 659b <strong>II</strong>I OR).<br />
Zusätzlich von Bedeutung ist in der Praxis die Frage der Gleichbehandlung der Aktionäre:<br />
es fällt auf, wenn die Gesellschaft z.B. nur Aktien des Hauptaktionärs kauft. Ausserdem<br />
kann sich die Frage der Sorgfaltspflichtverletzung durch den Verwaltungsrat<br />
stellen. 34 Dazu unten 3.3.4B)d).<br />
Als Sanktion gegen die Verletzung der Einschränkung des Kaufs eigener Aktien steht<br />
den Aktionären die Verantwortlichkeitsklage (Art. 754 OR) gegen den Verwaltungsrat<br />
auf Schadenersatz zur Verfügung, was aber insofern problematisch ist, als selten ein<br />
Schaden wird nachgewiesen werden können. Dazu unten 3.3.7D).<br />
Daneben erlaubt die Sonderprüfung (Art. 697b <strong>II</strong> OR, hinten 3.3.5B)a)vii) zumindest<br />
die Feststellung und die Publikation der Übertretung.<br />
Was den zivilrechtlichen Vertrag zwischen der Gesellschaft und dem veräussernden<br />
Aktionär anbelangt, kann dieser wohl nicht als ungültig im Sinne von Art. 20 OR angesehen<br />
werden 35 , denn es wird dem Verkäufer kaum zuzumuten sein, zuerst zu prüfen,<br />
ob die Gesellschaft über genügend Eigenmittel für den Kauf verfügt, oder ob sie schon<br />
eigene Aktien besitzt, sodass der Vertrag – zumindest mit dem gutgläubigen Veräusserer<br />
– gültig sein dürfte. 36<br />
Nicht zu verwechseln ist der Kauf eigener Aktien mit der Kapitalherabsetzung: bei jenem<br />
bleibt die Gesamtzahl der Aktien gleich gross, nur befindet sich ein Teil davon im<br />
Besitz der Gesellschaft selbst, und bei dieser werden die Aktien zurückgenommen und<br />
vernichtet, sodass das Aktienkapital sich verkleinert.<br />
34 Beispielsweise kaufte die aUBS grosse Mengen eigener Namenaktien, obwohl der Verwaltungsrat bereits<br />
wusste, dass eine Einheitsaktie geschaffen werden sollte, was zu einem Kurssturz der durch das<br />
höhere Stimmrecht teureren Namenaktien führen würde.<br />
35 Was aber der Meinung von NOBEL entspricht.<br />
36 Meinung von BÖCKLI und VON BÜREN.<br />
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