Wirtschaftsrecht II - Studentenverbindung Concordia Bern
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Prof. Dr. Roland von Büren WS 1998/99<br />
Version vom 7. Mai 2001 <strong>Wirtschaftsrecht</strong> <strong>II</strong><br />
koll!!!) muss der Verwaltungsrat diese Angaben der Generalversammlung<br />
bekannt geben (Art. 689a <strong>II</strong> OR).<br />
• Der Verwaltungsrat verletzt das Auskunfts- und Debattierrecht, wenn er<br />
Bangerter auf Varia verweist.<br />
• Den Antrag auf Abwahl des Präsidenten kann Bangerter nicht stellen, da dies<br />
nicht traktandiert ist: es geht um Wahlen, nicht Abwahlen. Bangerter könnte<br />
aber eine ausserordentliche Generalversammlung oder eine Sonderprüfung<br />
beantragen (Art. 700 <strong>II</strong>I OR). Was durchaus klappen könnte, denn „Generalversammlungen<br />
sind emotionale Dinge: Massenhysterien“ (von Büren).<br />
• Bangerter verpasst die Frist von 2 Monaten, die Klage ist verwirkt (Art. 706a<br />
OR).<br />
B) Die Nichtigkeitsklage (Art. 706b OR)<br />
Die Unterschiede zwischen der Anfechtungs- und der Nichtigkeitsklage zeigen sich bereits<br />
im prozessualen Bereich: Die Anfechtungsklage ist eine Gestaltungklage auf Aufhebung<br />
eines Beschlusses, während die Nichtigkeitsklage die richterliche Feststellung<br />
der bereits bestehenden Nichtigkeit eines Beschlusses verlangt (Feststellungsklage).<br />
Nichtigkeit eines Beschlusses bedeutet, dass der Beschluss nie gültig zustande kam.<br />
Klageberechtigt ist jeder, der ein schützenswertes Interesse geltend machen kann (d.h.<br />
auch Gläubiger, potentielle Anleger usf.). Die Nichtigkeitsklage ist nicht befristet, sie<br />
kann auch noch nach längerer Zeit geltend gemacht werden, was für die Rechtssicherheit<br />
nachteilig und ein Grund mehr dafür ist, dieses derart starke Instrument als ultima<br />
ratio anzusehen, das nur in besonders schweren Fällen zum Zuge kommen soll, d.h.<br />
wenn in generell-abstrakter Form 80 in die Kernrechte der Aktionäre eingegriffen wird.<br />
Die Voraussetzungen für die Nichtigkeit eines Beschlusses sind deshalb sehr restriktiv<br />
auszulegen (Beispiele: BGE 80 <strong>II</strong> 271, BGE 93 <strong>II</strong> 30).<br />
Je länger allerdings der zeitliche Abstand zwischen den nichtigen Beschlüssen und der<br />
Klage ist, desto eher muss die Verwirkung der Klage aufgrund von Art. 2 ZGB geprüft<br />
werden: das Rechtsschutzinteresse des Klägers kann z.B. nicht mehr gegeben sein und<br />
demzufolge die Klageanhebung missbräuchlich. Zuwarten allein genügt allerdings für<br />
den Rechtsmissbrauchstatbestand noch nicht.<br />
Nichtig sind Beschlüsse der Generalversammlung und Statutenbestimmungen, die:<br />
• zwingend gewährte Rechte der Aktionäre oder einer bestimmten Gruppe von Aktionären<br />
(z.B. das Recht auf Teilnahme an der Generalversammlung) in generellabstrakter<br />
Weise beschränken (etwa indem nur an die Generalversammlung zugelassen<br />
wird, wer mehr als 10% der Aktien besitzt): Art 706b Ziff. 1 OR;<br />
• Kontrollrechte von Aktionären über das gesetzliche Mass hinaus beschränken (z.B.<br />
wenn der Antrag auf Sonderprüfung nur von Aktionären mit über 10 Mio. Fr. an<br />
Nennwerten gestellt werden dürfte): Art. 706b Ziff. 2 OR;<br />
• gegen die Grundprinzipien des Aktienrechts verstossen (z.B. wenn in den Statuten<br />
neue Organe eingeführt werden; die schriftlichen Stimmabgabe; Abschaffung der<br />
Revisionsstelle; Eingriffe in die zwingenden Kompetenzen der Organe; statutari-<br />
80 Individuell-konkrete Eingriffe in Aktionärsrechte hingegen sollen hingegen nur durch die<br />
Anfechtungsklage gerügt werden können.<br />
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