Wirtschaftsrecht II - Studentenverbindung Concordia Bern
Wirtschaftsrecht II - Studentenverbindung Concordia Bern
Wirtschaftsrecht II - Studentenverbindung Concordia Bern
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Prof. Dr. Roland von Büren WS 1998/99<br />
Version vom 7. Mai 2001 <strong>Wirtschaftsrecht</strong> <strong>II</strong><br />
Anhang: Unmittelbarer und mittelbarer<br />
Gläubigerschaden<br />
Neue Zürcher Zeitung WIRTSCHAFT Samstag, 06.02.1999 Nr.30 S.27<br />
Aus dem Bundesgericht<br />
Limitierte Haftung des Verwaltungsrats<br />
Abgrenzung zwischen unmittelbarem und mittelbarem Gläubigerschaden<br />
fel. Lausanne, 5. Februar<br />
Das Bundesgericht bleibt im Zusammenhang mit der aktienrechtlichen Verantwortlichkeit<br />
bei der in der Rechtsliteratur zum Teil kritisierten Abgrenzung zwischen unmittelbarem und<br />
mittelbarem Gläubigerschaden. Im beurteilten Streit wird die Haftung des einzigen Verwaltungsrats<br />
einer überschuldeten Finanzierungsgesellschaft verneint, der ohne jeden persönlichen<br />
Kontakt zum Anleger einen Anlagevertrag unterzeichnet hatte.<br />
Im September 1984 war mit einem Aktienkapital von 50 000 Fr. eine Finanzierungsgesellschaft<br />
gegründet worden, als deren einziger Verwaltungsrat ein Rechtsanwalt in Glarus amtete, dessen<br />
Büroadresse auch das Domizil des Unternehmens war. Später wurde eine Zweigniederlassung<br />
in Deutschland errichtet, für die zwei Geschäftsführer mit Einzelprokura verantwortlich zeichneten.<br />
Gegen diese reichte ein Anleger Strafanzeige ein, nachdem er für seine Investition von<br />
50 000 $ lediglich zwei Zinszahlungen von insgesamt 3125 $ erhalten hatte. In der Folge reichte<br />
der Anwalt in Glarus am 10. Dezember 1990 seinen sofortigen Rücktritt als Verwaltungsrat<br />
ein, doch wurde er knapp vier Jahre später vom betroffenen Anleger ebenfalls belangt und auf<br />
Zahlung von 74 000 Fr. verklagt. Das Kantonsgericht und das Obergericht Glarus wiesen die<br />
Klage jedoch ab, und deren Entscheid ist jetzt vom Bundesgericht einstimmig bestätigt worden.<br />
Gegen die Finanzierungsgesellschaft wurde im September 1996 der Konkurs eröffnet. Er musste<br />
indes mangels Aktiven eingestellt und die Gesellschaft im Handelsregister gelöscht werden.<br />
Bekräftigte Differenzierung<br />
Der klagende Anleger aus Deutschland hatte einen unmittelbaren Gläubigerschaden geltend<br />
gemacht. Die kantonalen Richter gelangten indessen zum Schluss, dass die Pflichtverletzungen<br />
des Anwalts bloss mittelbaren Gläubigerschaden zur Folge gehabt hätte, für die der Beklagte<br />
nicht hafte. Das Urteil der I. Zivilabteilung des Bundesgerichts bekräftigt zunächst die in der<br />
Rechtsliteratur teilweise kritisierte Abgrenzung zwischen mittelbarem und unmittelbarem Gläubigerschaden.<br />
Massgebliches Unterscheidungskriterium ist gemäss Rechtsprechung die Rechtsgrundlage<br />
der geltend gemachten Schadenersatzpflicht (BGE 122 <strong>II</strong>I 176): Ein unmittelbarer<br />
Gläubigerschaden liegt vor, wenn das einem Gesellschaftsorgan vorgeworfene Verhalten gegen<br />
aktienrechtliche Bestimmungen verstösst, die ausschliesslich dem Gläubigerschutz dienen.<br />
Dasselbe gilt, wenn dem Organ ein anderes widerrechtliches Verhalten (Art. 41 Obligationenrecht)<br />
oder ein Fehlverhalten bei den Vertragsverhandlungen («culpa in contrahendo») angelastet<br />
wird. Geht es dagegen um Bestimmungen, die den Interessen der Gesellschaft ebenso dienen<br />
wie dem Schutz der Gläubiger, liegt ein mittelbarer Schaden vor. Dieser muss von der<br />
Gesellschaft selber geltend gemacht werden; wird über diese der Konkurs eröffnet, hat die<br />
Gläubigergemeinschaft zu klagen oder allenfalls an deren Stelle einzelne Gläubiger (Art. 756<br />
Abs. 2 Obligationenrecht, alte Fassung).<br />
Voraussetzungen einer Haftung<br />
Im beurteilten Fall hatte der Geschädigte geltend gemacht, der Anwalt und Verwaltungsrat habe<br />
mit ihm am 1. November 1989 einen Anlagevertrag abgeschlossen, obwohl er von der Überschuldung<br />
der Gesellschaft gewusst habe. Das Urteil des Bundesgerichts ruft in Erinnerung,<br />
v