Wirtschaftsrecht II - Studentenverbindung Concordia Bern
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Prof. Dr. Roland von Büren WS 1998/99<br />
Version vom 7. Mai 2001 <strong>Wirtschaftsrecht</strong> <strong>II</strong><br />
tionäre ausgerichtet worden ist (Art. 677 OR). Zudem muss sie von der Gesellschaft als<br />
Gewinn und von den Empfängern als Einkommen versteuert werden.<br />
Aus diesen Gründen wird heute die Entschädigung für den Verwaltungsrat als normaler<br />
Aufwand angesehen und verbucht; so muss sie nicht als Gewinn versteuert werden.<br />
Fall 10: Verwaltungsrat<br />
John D. Player, amerikanischer Staatsbürger wohnhaft in Cambridge (Massachusetts),<br />
und Danielle Le Curie, französische Staatbürgerin mit Wohnsitz in Melun<br />
(Frankreich), haben von einem gemeinsamen Bekannten zusammen die Finanzinvest<br />
AG in Zug erworben. Player besitzt 89% des Aktienkapitals und soll<br />
Verwaltungsratspräsident werden. Le Curie hält die restlichen 11% des Aktienkapitals<br />
und gedenkt, ebenfalls Einsitz in den Verwaltungsrat zu nehmen. Die<br />
beiden beschliessen, auch Hans Abächerli als lokalen Berater in den Verwaltungsrat<br />
zu wählen.<br />
Das Organisationsreglement der Finanzinvest AG sieht vor, dass die Wahl des<br />
Verwaltungsrats und die Ernennung eines Geschäftsführers der vorherigen Zustimmung<br />
von John D. Player bedarf. Die Vertretung der Gesellschaft erfolgt<br />
ausschliesslich durch John D. Player.<br />
Nach einigen Jahren – John D. Player hat sich in der Zwischenzeit in Zug niedergelassen<br />
und das schweizerische Bürgerrecht erworben – hat der Verwaltungsrat<br />
zu entscheiden, ob sich die Finanzinvest AG an einer neuen Feriensiedlung<br />
auf der Insel Pantelleria beteiligen soll. An der entscheidenden<br />
Verwaltungsratssitzung fehlt Abächerli. Player, der als einziger Verwaltungsrat<br />
über das Projekt detailliert Bescheid weiss und selbst die Pläne und das Gelände<br />
auf Pantelleria besichtigt hat, ist begeistert und empfiehlt, sich an der Finanzierung<br />
der Feriensiedlung zu beteiligen. Le Curie hat Bedenken und stimmt gegen<br />
das Projekt. Mit Stichentscheid des Präsidenten wird die Beteiligung beschlossen.<br />
Dem Projekt war kein Erfolg beschieden. Es zeigte sich bald, dass das Land massiv<br />
überzahlt worden war und die gesamte Infrastruktur für das Feriendorf fehlte.<br />
Nach weniger als einem Jahr fiel das Feriendorf in Konkurs und mit ihm auch die<br />
Finanzinvest als wichtigster Geldgeber.<br />
Die Konkursverwaltung Zug reicht in der Folge gegen den Verwaltungsrat der<br />
Finanzinvest Verantwortlichkeitsklage ein.<br />
Falllösung<br />
VERWALTUNGSRAT (WÄHLBARKEIT/AMTSANTRITT)<br />
Player und Le Curie sind beide nicht wählbar, weil durch ihrer Wahl die Bedingungen<br />
von Art. 708 OR nicht erfüllt wären.<br />
Abächerli muss, bevor er als Verwaltungsratsmitglied antreten kann, Aktionär<br />
der Gesellschaft werden (z.B. durch Überlassung einer Aktien zu treuen Händen).<br />
Zuständig für die Wahl des Verwaltungsrates ist ausschliesslich die Generalversammlung<br />
(Art. 698 <strong>II</strong> Ziff. 2). Eine anders lautende Reglementsbestimmung ist<br />
nichtig (Art. 714 i.V.m. 706b Ziff. 3 OR).<br />
GESCHÄFTSFÜHRUNG/VERTRETUNG<br />
Die Befugnis die Geschäftsführung an einzelne Mitglieder des Verwaltungsrates<br />
oder an Dritte zu übertragen, muss in den Statuten eingeräumt sein (Art. 716b I<br />
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