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Deutsch im Gespräch - Daf Daz Tagung

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ten. «Umgangssprache ist Schweizerdeutsch », sagt Bollinger. Anders in der<br />

Stadt Basel, wo Elsbeth Meier, stellvertretende Abteilungsleiterin Jugendtreffpunkte<br />

der Basler Freizeitaktion, nichts von Sprachverboten in den sieben<br />

BFA-Jugendtreffs hält. «Jugendliche sollen in ihrer Freizeit so reden dürfen,<br />

wie es ihnen wohl ist», meint sie. Trotzdem achte man darauf, dass viel<br />

deutsch gesprochen wird — indem die Treff-Mitarbeitenden dafür sorgen, dass<br />

möglichst viele Sprachgruppen vertreten sind und nicht eine Nationalität einen<br />

Treff dominiert. «So ist die verbindende Sprache automatisch <strong>Deutsch</strong>, und<br />

auch die Mitarbeitenden sprechen deutsch mit ihnen.»<br />

Freilich hat darüber in der Öffentlichkeit keine Debatte stattgefunden. Auch<br />

der Artikel in der Basler Zeitung vom 8. Juli 2006, aus dem die Zitate stammen,<br />

blieb ohne grosses Echo. Die Verwendung von <strong>Deutsch</strong> in öffentlichen<br />

Begegnungsbereich wie auf den Pausenhöfen oder in Jugendtreffs wird von allen<br />

Seiten als Teil eines Integrationskonzepts wahrgenommen — und weitgehend<br />

akzeptiert. Diese Überzeugung basiert auf den drei Argumenten: (a) die<br />

Landessprache ist notwendig, damit sich Schweizer und Migranten, aber auch<br />

Migranten unterschiedlicher Nationalitäten, untereinander verständigen können;<br />

(b) dank einer gemeinsamen Sprache können Ausgrenzungen, Provokationen<br />

und Gewalt vermieden werden; (c) die Landessprache wird namentlich<br />

<strong>im</strong> Gebrauch gelernt und nur wer sie beherrscht, kann sich auch in Schule, Arbeitswelt<br />

und Gesellschaft integrieren. Bezeichnenderweise ist in diesen Texten<br />

<strong>im</strong>mer von Schweizerdeutsch, d. h. vom lokalen Dialekt die Rede, welcher von<br />

allen gesellschaftlichen Schichten <strong>im</strong> Alltag als Sprechsprache verwendet wird.<br />

Standarddeutsch wird in Schulhöfen und Jugendtreffs kaum verwendet, wohl<br />

aber <strong>im</strong> Klassenz<strong>im</strong>mer und <strong>im</strong> schriftlichen Ausdruck. Die Jugendlichen müssen<br />

also beide Sprachvarietäten erwerben (die sie häufig als zwei unterschiedliche<br />

Sprachen wahrnehmen und/oder <strong>im</strong> Gebrauch mischen). (Zur Einschätzung<br />

der Nützlichkeit von Schweizerdeutsch und Hochdeutsch in der Schweiz<br />

vgl. Werlen in diesem Band.)<br />

Die Laientheorien, welche bei den Verantwortlichen manifest werden, lassen<br />

sich auf einen von der Sprachwissenschaft erarbeiteten Katalog von Funktionen<br />

von Sprache abbilden. Dabei geht es weniger um die oft <strong>im</strong> Zentrum<br />

der Aufmerksamkeit stehende Symbolfunktion, wo die Sprache benennende<br />

Funktionen hat und als Mittel zur Wiedergabe der Wirklichkeit dient. In unserem<br />

Zusammenhang bedeutender sind drei andere Funktionen:<br />

10<br />

• Sprache dient der Persönlichkeitsentwicklung, erlaubt es, sich selbst zu<br />

begreifen, Alltagsprobleme wahrzunehmen und — in der Regel in der Interaktion<br />

mit anderen — zu bewältigen. Mangelnde Sprachkompetenz<br />

führt zu Sprachohnmacht. Für die Persönlichkeitsentwicklung ist häufiger,<br />

regelmässiger Sprachgebrauch notwendig. Dies gilt nicht nur für<br />

Migrantenkinder! Mit Recht entsetzt sich der deutsche Erziehungswissenschaftler<br />

Herbert Ulonska darüber, «dass in deutschen Familien<br />

(Hervorhebung von mir) durchschnittlich 18 Minuten am Tag miteinander

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