Deutsch im Gespräch - Daf Daz Tagung
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Peter Sauter (Redaktion und Einleitung)<br />
Podiumsgespräch: Von der Ein- über die Mehr- zur Vielsprachigkeit<br />
– Eine Schweizer Perspektive!?<br />
Teilnehmende: Claudine Brohy, Monika Clalüna, Annelies Häcki Buhofer,<br />
Urs Loppacher, Mike Makosch, Peter Sauter (Moderation)<br />
Einleitung<br />
Zuerst möchte ich kurz die drei Begriffe Ein-, Mehr- und Vielsprachigkeit<br />
des Titels umschreiben. Da hier aber nicht der Ort ist, um deren vielfältige Definitionen<br />
in der Wissenschaft ausführlich zu diskutieren, müssen die folgenden<br />
knappen Bemerkungen als Elemente für eine Kontextualisierung des Themas<br />
<strong>im</strong> aktuellen Schweizer Umfeld genügen.<br />
Einsprachigkeit auf individueller Ebene kann heutzutage zunehmend eine<br />
Teilnahme an der globalisierten Informationsgesellschaft behindern. Und auf<br />
gesellschaftlicher Ebene kann der Begriff in gefährlicher Weise instrumentalisiert<br />
werden, so z. B. für ausgrenzende nationalistische Ideologien durch<br />
die Gleichsetzung zweier grundlegend disparater Konzepte <strong>im</strong> Schlagwort «Eine<br />
Sprache, eine Nation» und dessen Umkehrung. Auf beiden Ebenen führt<br />
das zu negativen Konnotationen des Begriffs. Allerdings ist der Begriff selbst<br />
auch ein Forschungsproblem: Umstritten ist etwa, ob jemand, der neben einem<br />
Dialekt auch eine Standardsprache spricht und/oder rezeptive Kompetenzen<br />
in einer Fremdsprache hat, als einsprachig anzusehen ist.<br />
Die <strong>im</strong> GER 1 vorgenommene Unterscheidung der beiden andern Begriffe<br />
mag für unsere Zwecke ausreichen: danach soll sich Mehrsprachigkeit (oder<br />
Plurilingualismus) auf die individuelle Fähigkeit zur Integrierung mehrerer<br />
Sprachen in eine einzige kommunikative Kompetenz beziehen, Vielsprachigkeit<br />
(oder Multilingualismus) auf die «Koexistenz verschiedener Sprachen in einer<br />
best<strong>im</strong>mten Gesellschaft».<br />
Wir wissen aus der Unterrichtserfahrung mit Lernern aller Schul- und Altersstufen,<br />
dass der Erwerb einer individuellen Mehrsprachigkeit, die heute für<br />
<strong>im</strong>mer mehr Stellen auf dem Schweizer Arbeitsmarkt erforderlich wird, für<br />
Lernende mit monolingualem Hintergrund mit mehr Mühe verbunden ist als für<br />
Lernende mit zweisprachigem Hintergrund. Die günstigeren Sprachlernvoraussetzungen<br />
können etwa für viele Migrantenkinder vorerst ein Vorteil<br />
sein; der Zweitspracherwerb ist für sie sowieso eine Überlebensnotwendigkeit.<br />
Allerdings bringt ihnen dann die Zwei- oder Mehrsprachigkeit allein bei der Arbeitssuche<br />
in vielen Fällen noch lange nicht die erhofften Erleichterungen (vgl.<br />
dazu auch den Beitrag von Lüdi in diesem Band).<br />
1 Europarat (Hg.): Gemeinsamer europäischer Referenzrahmen für Sprachen: lernen,<br />
lehren, beurteilen. Berlin u. a.: Langenscheidt 2001, 17.<br />
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