Deutsch im Gespräch - Daf Daz Tagung
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Es ist davon auszugehen, dass jedes <strong>Gespräch</strong> zur Überprüfung der<br />
Sprachkenntnisse, also auch das in den Einbürgerungskommissionen und das<br />
von den Sachbearbeitenden geführte Einzelgespräch, eine Form von Prüfung<br />
oder Test ist. Deshalb müssen für solche Prüfungsgespräche, die ja gravierende<br />
Konsequenzen für die Betroffenen haben können, auch die gleichen Qualitätskriterien<br />
gelten wie sonst für kommunikative mündliche Sprachprüfungen.<br />
Von Prüfungen <strong>im</strong> Migrationsbereich wird später noch zu reden sein. Denn<br />
in vielen Ländern wurden oder werden neue gesetzliche Regelungen für die<br />
Zuwanderung beschlossen oder diskutiert. In Zusammenhang damit werden<br />
Anforderungen an die Sprachkenntnisse der Migrantinnen und Migranten definiert<br />
— und nicht selten verschärft, indem ein hohes Niveau, meist ein globales<br />
Niveau für alle Fertigkeiten angesetzt wird.<br />
Welche <strong>Deutsch</strong>kenntnisse ausreichen, was genug ist und was gut genug<br />
ist, muss <strong>im</strong>mer in Zusammenhang gesehen werden mit Aufgaben, die erfüllt<br />
werden sollen: Spricht genug <strong>Deutsch</strong>, um … z. B. als Kellner zu arbeiten, an<br />
Elternabenden Fragen zu stellen, ein Studium anzufangen.<br />
Der Beitrag hat vier Teile. Teil 1 befasst sich mit Tendenzen der Forschung<br />
zum Prüfen und Testen, um zu sehen welche Orientierungspunkte wir dort gewinnen<br />
können. Teil 2 bespricht mehr oder weniger erfreuliche Tendenzen und<br />
Trends auf dem Prüfungsmarkt. In der Forschung und auf dem Prüfungsmarkt<br />
spielen die Niveaus des Gemeinsamen europäischen Referenzrahmens eine<br />
<strong>im</strong>mer grössere Rolle. Daher geht Teil 3 auf Verfahren der Zuordnung von<br />
mündlichen Leistungen und mündlichen Prüfungen zu den Niveaus des Referenzrahmens<br />
ein. Ein kurzer abschliessender Ausblick formuliert Postulate für<br />
die Prüfungsentwicklung — auch in der Schweiz.<br />
Der Beitrag befasst sich nur mit dem Beurteilen mündlicher Kommunikationsfähigkeit<br />
in Prüfungen. Aber das Prüfen ist nicht die einzige Möglichkeit der<br />
Beurteilung: Sehr wichtige andere Möglichkeiten sind die Selbsteinschätzung,<br />
die Partnerbeurteilung, verschiedene Arten informeller Beurteilung und nicht<br />
zuletzt das Sprachenportfolio, das es ermöglicht, Informationen über einen<br />
längeren Zeitraum zu sammeln und zu dokumentieren. Das Sprachenportfolio<br />
dokumentiert auch Prüfungen. Aber es kann viel reicher und informativer sein<br />
als die Prüfungen, von denen hier gesprochen wird, allein.<br />
1. Tendenzen in der Forschung<br />
Zumindest in einem Punkt gibt es einen klaren Konsens: Mündliche Kommunikation<br />
ist äusserst komplex. Kontrovers ist, welches die wichtigen Komponenten<br />
der mündlichen Kommunikationsfähigkeit sind und wie diese <strong>im</strong><br />
Sprachgebrauch interagieren. Anders gesagt: Können und sollen wir die individuelle<br />
Sprachfähigkeit isoliert erfassen oder können und sollen wir die Sprachfähigkeit<br />
<strong>im</strong>mer und nur in und mit den Kontexten des Sprachgebrauchs erfassen?<br />
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