Deutsch im Gespräch - Daf Daz Tagung
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Zahlreiche Untersuchungen gehen der Frage nach, welche Faktoren für die<br />
Schwierigkeit kommunikativer Aufgaben best<strong>im</strong>mend sind (z. B. Bachman<br />
2001, Ellis 2005, Henrici / Zöfgen 2003, Luo / Skehan 2005, Robinson 2005).<br />
Diese Diskussion ist keineswegs rein akademisch. Denn damit zusammen<br />
hängt auch die Diskussion, wie bei der Entwicklung von Testaufgaben für die<br />
Lernenden ein Max<strong>im</strong>um an Fairness erreicht werden kann. Es geht um die<br />
Grundfrage, ob und inwieweit sich aus der beobachteten Performanz bei der<br />
Bewältigung von Aufgaben in best<strong>im</strong>mten Kontexten Schlüsse ziehen lassen<br />
für die Fähigkeit, Aufgaben in anderen Kontexten zu bewältigen, d.h. inwieweit<br />
sich die Ergebnisse mündlicher Prüfungen, in denen ja <strong>im</strong>mer nur für einige<br />
wenige Aufgaben Zeit vorhanden ist, generalisieren lassen.<br />
In mündlichen Prüfungen wird gewöhnlich ein best<strong>im</strong>mtes Set von Kriterien<br />
für die Beurteilung angewendet und eine best<strong>im</strong>mte Punktzahl vergeben z. B.<br />
für Flüssigkeit, Korrektheit, inhaltliche und sprachliche Komplexität usw. Nun<br />
zeigen viele interessante Untersuchungen, dass das Mass der Flüssigkeit, Korrektheit,<br />
Komplexität keineswegs nur von der Fähigkeit des Individuums abhängt,<br />
sondern wesentlich mitbest<strong>im</strong>mt wird durch Merkmale der Aufgaben.<br />
Be<strong>im</strong> Sprechen sind unsere Aufmerksamkeitsressourcen für das Planen, Ausführen<br />
und Kontrollieren dessen, was wir sagen wollen, beschränkt. Es entsteht<br />
daher vielfach ein Zielkonflikt, worauf die Aufmerksamkeit gerichtet werden<br />
soll. Wird die Aufmerksamkeit auf inhaltliche Aspekte gerichtet, so ist eher<br />
eine flüssige Sprachproduktion zu erwarten; möglicherweise auf Kosten der<br />
Korrektheit. Stark strukturierte und vertraute Aufgaben ermöglichen vielfach<br />
flüssiges und korrektes Sprechen. Wird eine Begründung verlangt, so werden<br />
die Äusserungen vielfach komplexer, eventuell auf Kosten von Flüssigkeit und<br />
Korrektheit.<br />
Die Untersuchungen zeigen auch, wie wichtig es ist, so wie <strong>im</strong> Referenzrahmen<br />
zwischen Interaktion (dem dialogischen Sprechen) und der mündlichen<br />
Produktion (dem monologischen Sprechen) zu unterscheiden und auch in<br />
mündliche Prüfungen bewusst Aufgaben für Interaktion und Produktion vorzusehen.<br />
Für das monologische Sprechen ist in der Realität — und teilweise auch<br />
in Prüfungen — eine gewisse Planungszeit vorgesehen. Länge und Anweisungen<br />
für die Planung haben wiederum Einfluss auf Flüssigkeit, Korrektheit und<br />
Komplexität der mündlichen Leistung. Die vorliegenden Untersuchungen kommen<br />
allerdings nicht alle zu den gleichen Ergebnissen. Das liegt zum einen an<br />
der unterschiedlichen Anlage der Untersuchungen, zum andern und vor allem<br />
aber daran, dass die Einflussfaktoren nicht isoliert wirken, sondern die Leistung<br />
<strong>im</strong>mer durch ein Zusammenspiel verschiedener Faktoren der jeweiligen<br />
Aufgabe und des jeweiligen Kontexts best<strong>im</strong>mt wird.<br />
Solche Forschungsarbeiten geben uns deutliche Hinweise darauf, wie problematisch<br />
es ist, Aussagen über Flüssigkeit, Korrektheit oder Komplexität des<br />
Sprechens zu machen, ohne Bezug zu nehmen auf die Aufgabenstellung und<br />
auf den Kontext der Sprachverwendung.<br />
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