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Deutsch im Gespräch - Daf Daz Tagung

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fördern und <strong>im</strong> Interesse des ganzen Kantons sozial, wirtschaftlich und kulturell<br />

nutzen — nach dem Prinzip Fördern und Fordern. (...) Jede Pauschalisierung und<br />

gut gemeinte Romantik wird ebenso abgelehnt wie Mythen. Die neue Integrationspolitik<br />

n<strong>im</strong>mt auf der Grundlage der Menschenrechte und unserer Gesetze alle<br />

Menschen ernst und n<strong>im</strong>mt sie individuell in die Verantwortung. Die Zugehörigkeit<br />

zu einem Geschlecht, einer Religion oder einer Sprachgruppe gibt keine Sonderrechte<br />

und darf auch nie zu Diskr<strong>im</strong>inierung führen.<br />

Ebenso wie viele Menschen unbesehen das Stereotyp von der «Normalität»”<br />

der Einsprachigkeit übernehmen, glauben sie an eine eind<strong>im</strong>ensionale<br />

Identität. Demgegenüber haben aber Le Page/Tabouret-Keller überzeugend die<br />

Komplexität und die Variabilität der Beziehungen zwischen Sprachen, sozialen<br />

Organisationsformen und Identitäten nachgewiesen (1985, 243). Innerhalb<br />

eines multid<strong>im</strong>ensionalen soziolinguistischen Raumes könnten einzelne Personen<br />

unmittelbar nacheinander sehr beträchtlich von einander entfernte Positionen<br />

einnehmen, um den wechselnden Bedürfnissen in verschiedenen Arten<br />

von Begegnungen und <strong>Gespräch</strong>sthemen Rechnung zu tragen (1985, 14) 9 . Integration<br />

heisst, dass beide Seiten Identitätsveränderungen akzeptieren, aber<br />

nicht <strong>im</strong> Sinne eines Verlustes der Herkunftsidentität, sondern in jenem einer<br />

Konstruktion von «pluriellen Identitäten» oder «Patchwork-Identitäten» (ein<br />

Stück weit auch für Mitglieder der Aufnahmegesellschaft!). Dabei geht es bei<br />

der sprachlich-sozialen Identität wie be<strong>im</strong> Sprachrepertoire: eine Mehrfachidentität<br />

bedeutet nicht einfach Addition von Teilidentitäten (z.B. Türke, <strong>Deutsch</strong>er,<br />

Frau, Akademikerin etc.), sondern die Einbindung von Teilidentitäten in<br />

ein eigentliches Identitätssystem. Anzunehmen, dass diese Prozesse <strong>im</strong>mer<br />

harmonisch und ohne Bruchstellen ablaufen, wäre ein Riesenfehler. Stattdessen<br />

gilt es, die damit verbundenen Probleme zu analysieren und zu ihrer<br />

Überwindung beizutragen (vgl. Lüdi / Py 1994).<br />

Es darf davon ausgegangen werden, dass Mehrsprachigkeit nicht nur normal<br />

ist, sondern auch eine wesentliche Bereicherung der Persönlichkeit und<br />

der Gesellschaft bringt:<br />

... research on linguistic development in a multilingual setting is indeed of<br />

<strong>im</strong>mediate practical relevance. (...) it can indeed be shown that the human<br />

language faculty has an endowment for multilingualism. Assuming that this can<br />

9 Diese Bewegungen können konvergent, aber auch divergent verlaufen: «As the<br />

individual speaks, he is seen as always using language with reference to the inner<br />

models of the universe he has constructed for h<strong>im</strong>self; he projects in words <strong>im</strong>ages of<br />

that universe (or, of those universes) on to the social screen, and these <strong>im</strong>ages may<br />

be more or less sharply focused, or more or less diffuse, in relation to each other or in<br />

relation to those projected by others in their interactions with h<strong>im</strong>. As he speaks, he<br />

is inviting others to share his view of the universe (...), and the feed-back he gets<br />

may lead h<strong>im</strong> to focus his own <strong>im</strong>ages more sharply, and may also lead h<strong>im</strong> to bring<br />

his own universes more into focus with those projected by others.» (115) Den<br />

jeweiligen Bedürfnissen folgend, kann dies zu einem gleichmässigeren oder <strong>im</strong><br />

Gegenteil zu einem variableren, diffuseren Verhalten führen: «To the extent that he is<br />

reinforced, his behaviour in that particular context may become more regular, more<br />

focused; to the extent that he modifies his behaviour to accommodate to others it<br />

may for a t<strong>im</strong>e become more variable, more diffuse.» (181).

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