Deutsch im Gespräch - Daf Daz Tagung
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Es interessiert nun, wie die Verteilung der beiden Formen des <strong>Deutsch</strong>en<br />
als L1 (Muttersprache) in der Schweiz ist. Die folgende Tabelle zeigt die Zahlen<br />
aufgeteilt nach Sprachgebieten:<br />
<strong>Deutsch</strong>es<br />
Sprachgebiet<br />
Französisches<br />
Sprachgebiet<br />
Italienisches<br />
Sprachgebiet<br />
Schweizerdeutsch 458 21 19 498<br />
Hochdeutsch 33 8 8 49<br />
Gesamt<br />
Französisch 17 296 6 319<br />
Italienisch 32 25 146 203<br />
Andere 63 62 20 145<br />
Total 603 412 199 1214<br />
Tabelle 3. Muttersprachen der repräsentativen Stichprobe nach Sprachgebieten<br />
(N=1215, Differenz zum Gesamt 1214 erklärt sich aus einer Person <strong>im</strong> rätoromanischen<br />
Sprachgebiet).<br />
Wie erwartet, dominieren in den Sprachgebieten die jeweiligen Ortssprachen<br />
als Muttersprachen. Von den beiden deutschen Sprachformen ist das<br />
Schweizerdeutsche in allen Sprachgebieten häufiger vertreten als das Hochdeutsche.<br />
Das weist darauf hin, dass die diglossische Verteilung in der deutschen<br />
Schweiz sich auch in den beiden anderen Sprachgebieten bemerkbar<br />
macht. Hochdeutsch als Muttersprache erreicht mit 5% in der deutschen<br />
Schweiz den höchsten Anteil; gesamtschweizerisch sind es nur 4%.<br />
Die Frage, ob Hochdeutsch Mutter- oder Fremdsprache sei, macht je nach<br />
Kontext unterschiedlich Sinn: für eine Befragte, die in der Romandie zuhause<br />
als erste Sprache das Schweizerdeutsch ihrer Eltern erworben hatte, kann das<br />
Hochdeutsche tatsächlich in der Schule als Fremdsprache (oder Zweitsprache)<br />
erlernt worden sein 4 ; dann aber wohl nicht als erste Fremdsprache. Anders in<br />
der deutschen Schweiz: hier kann das nur heissen, dass das Erlernen des<br />
Hochdeutschen <strong>im</strong> schulischen Kontext des Lesen- und Schreibenlernens für<br />
diese Menschen den Charakter eines Fremdsprachenunterrichts hatte – eine<br />
Hypothese, die wir schon in einem Forschungsprojekt des NFP 33 aufgestellt<br />
und zumindest plausibel nachgewiesen hatten (vgl. Ziberi 2000).<br />
Seit Kolde (1981, 65) wird das Verhältnis von Dialekten und Standard (oder<br />
Schweizerdeutsch und Hochdeutsch) in der deutschen Schweiz als «mediale<br />
Diglossie» gesehen: damit ist <strong>im</strong>pliziert, dass es sich um zwei Formen der<br />
gleichen Sprache handelt, deren Verteilung <strong>im</strong> wesentlichen nach dem Medium<br />
der Kommunikation geschieht. Das gegenteilige Modell, das wir einmal als «asymmetrische<br />
Zweisprachigkeit» bezeichnet haben (Werlen 1998), <strong>im</strong>pliziert<br />
dagegen, dass die beteiligten Sprachen verschieden, wenn auch nah verwandt<br />
sind. Aus sprachwissenschaftlicher Sicht gibt es, wie wir wissen, kein wirklich<br />
überzeugendes Kriterium für die Unterscheidung von «Sprache» und «Dialekt»<br />
und für die Abgrenzung von nah verwandten Sprachen, wie die Beispiele der<br />
4 Die Anzahl von Personen, auf die diese Situation zutreffen könnte, beträgt 4 <strong>im</strong><br />
französischen und 3 <strong>im</strong> italienischen Sprachgebiet.<br />
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