Deutsch im Gespräch - Daf Daz Tagung
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Hier erhalten die Lernenden die Möglichkeit, einen Gedankengang tatsächlich<br />
zu entwickeln und zu versprachlichen. Allerdings fehlt die explizite Aufforderung<br />
an die zu bildenden Zweiergruppen zur reflektierenden Begleitung ihres<br />
eigenen Handelns und zur Präsentation der eingeforderten Geschäftsidee. Man<br />
wird mit Blick auf das Konzept der Aufgabenorientierung also fragen können<br />
(vielleicht sogar: fragen müssen), ob das lernerseitige Sprechen – gerade <strong>im</strong><br />
Wechsel bzw. Austausch mit anderen Sprechern – nicht stärker eingefordert<br />
werden müsste einschließlich der Aufforderung an die Lerner, sich <strong>im</strong> Rahmen<br />
der mit diesem Szenario verbundenen inhaltlichen Zielsetzung Rechenschaft<br />
über das eigene Vorgehen abzugeben. Dies könnte den Lernern dabei helfen,<br />
die vom Lehrwerk propagierte Kompetenzstufe B1 zu erreichen, von der es <strong>im</strong><br />
Referenzrahmen zur Aktivität «Vor Publikum sprechen» heißt:<br />
84<br />
[Der Lerner] Kann eine vorbereitete, unkomplizierte Präsentation zu einem vertrauten<br />
Thema aus seinem... Fachgebiet so klar vortragen, dass man ihr meist<br />
mühelos folgen kann, wobei die Hauptpunkte hinreichend präzise erläutert werden.<br />
[Er] Kann Nachfragen aufgreifen, muss aber möglicherweise um Wiederholung<br />
bitten, falls zu schnell gesprochen wurde. (Europarat 2001: 66)<br />
Nun liegt es mir völlig fern, das hier eher zufällig ausgewählte Lehrwerk zu<br />
kritisieren, zumal wir alle wissen, dass sich die Qualität eines Lehrwerks eher<br />
danach beurteilen lässt, wie damit <strong>im</strong> konkreten Unterricht umgegangen wird.<br />
Aber das Beispiel weist auf einige Probleme hin, die sich bei der Schulung der<br />
mündlichen Sprachkompetenz – gerade angesichts der zuvor skizzierten Überlegungen<br />
– beinahe zwangsläufig stellen:<br />
• Sprechen und die Reflexion darüber ergeben sich nicht automatisch, insbesondere<br />
nicht bei reflexionsungewohnten Lernern. Eine Aufforderung<br />
wie «Nun reflektiert mal schön über Euer Sprechen» verbietet sich aus<br />
naheliegenden Gründen von selbst. Stattdessen könnte z.B. <strong>im</strong> vorgegebenen<br />
Beispiel eine Aufgabenstellung hilfreich sein, in der die Reflexion<br />
gleichsam als natürlicher Bestandteil empfunden wird. Also z.B. «Überlegt<br />
in Eurer Gruppe, wie Ihr Eure Präsentation so gestalten könnt, dass<br />
Ihr möglichst viele Zuhörer überzeugt. Welche Euch bekannten Strukturen<br />
haltet Ihr dabei für besonders wirksam? Kennt Ihr aus anderen<br />
Sprachen Strukturen, die Euch vielleicht weiterhelfen? Versucht innerhalb<br />
Eurer Gruppe auch die Gründe anzuführen, weshalb Ihr best<strong>im</strong>mte<br />
Strukturen nicht verwenden wollt.» Nun wird diese Aufgabenstellung natürlich<br />
dann ins Leere zielen, wenn sie in ihrer Formulierung zu komplex<br />
ist, aber es geht mir an dieser Stelle auch nicht um konkrete Anweisungen,<br />
sondern um das Prinzip.<br />
• An dieser Stelle erwarte ich den Einwand, dass ein solches Vorgehen bei<br />
einer sprachlich homogenen Lernergruppe ja funktionieren mag, in einer<br />
sprachlich heterogenen Gruppe aber scheitern muss. Zugegebenermaßen:<br />
Ein berechtigter Einwand! Aber die Mehrsprachigkeitsdidaktik lehrt<br />
uns, dass wir gut beraten sind, wenn wir die bei den Lernenden vorhandenen<br />
sprachlichen Informationen nutzen, anstatt sie mit aller Macht<br />
auszublenden versuchen (vgl. dazu jetzt z.B. etliche Beiträge in Marti-