Deutsch im Gespräch - Daf Daz Tagung
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Günther Schneider<br />
«Spricht genug <strong>Deutsch</strong>, um ... » – Überlegungen zur Beurteilung<br />
der mündlichen Kommunikationsfähigkeit<br />
Das Urteil «Der oder die spricht aber gut <strong>Deutsch</strong>» und erst recht «Er/sie<br />
spricht aber nicht gut <strong>Deutsch</strong>» ist schnell gemacht. Jeder und jede traut sich<br />
das Urteil zu: Laien und Fachleute. Laien wahrscheinlich mit noch mehr Selbstsicherheit<br />
als manche, deren Beruf und Spezialität es ist, Sprachleistungen zu<br />
beurteilen.<br />
Das Urteil darüber, wie gut jemand <strong>Deutsch</strong> spricht, kann z. B. den Ausschlag<br />
dafür geben, ob jemand weiter <strong>Deutsch</strong> lernt, eine Lehrstelle bekommt<br />
oder eingebürgert wird. Nun ist es allerdings keineswegs so, dass die Beurteilung<br />
dann, wenn sie besonders folgenschwer ist, Fachleuten vorbehalten<br />
bleibt. In der Schweiz entscheiden wie in manchen anderen Ländern Laien darüber,<br />
ob jemand über genügend Sprachkenntnisse verfügt, um eingebürgert<br />
zu werden. Grundlage der Entscheidung ist entweder ein Einzelgespräch mit<br />
einem Beamten oder eine Befragung durch die Einbürgerungskommission.<br />
Eine neuere Untersuchung zur Überprüfung der Sprachkenntnisse <strong>im</strong> Rahmen<br />
des Einbürgerungsverfahrens, die <strong>im</strong> Auftrag der Eidgenössischen Kommission<br />
für Ausländerfragen durchgeführt wurde, bestätigt: 1. Die Bedeutung<br />
der Sprachkenntnisse für die Beurteilung der Integration wird in der Praxis<br />
sehr verschieden gewichtet und 2. Die Anforderungen an die Sprachkenntnisse<br />
sind von Kanton zu Kanton und von Gemeinde zu Gemeinde sehr unterschiedlich<br />
(Schneider et al. 2006).<br />
In Gesetzestexten und Verordnungen finden sich oft nur vage Umschreibungen<br />
wie «genügende Sprachkenntnisse zur Verständigung mit den Behörden<br />
und der einhe<strong>im</strong>ischen Bevölkerung» 1 . Nur in wenigen Kantonen werden<br />
bisher in zusätzlichen Richtlinien und Wegleitungen konkretere Beschreibungen<br />
versucht. Bezogen auf die Niveaus des Europäischen Referenzrahmens (Europarat<br />
2001) erstrecken sich die Formulierungen auf ein grosses Niveauspektrum,<br />
das von A1 bis B2 reicht. Sehr unterschiedlich ist auch die Art der Prüfungsgespräche.<br />
Der Inhalt der Befragung reicht von einfachen Alltagskonversationen<br />
über das Abfragen von staatskundlichem Wissen bis zu Gesinnungsprüfungen.<br />
Die Beurteilung erfolgt wie gesagt durch Laien, die für diese Aufgabe<br />
in der Regel nicht geschult werden. Die Beurteilung ist subjektiv und geschieht<br />
in vielen Fällen ohne ausformulierte Kriterien. Zuweilen ist die Beurteilung<br />
zudem abhängig vom politischen Kl<strong>im</strong>a in der Gemeinde.<br />
1 Verordnung zum Bürgerrechtsgesetz des Kantons Graubünden vom 13. Dezember<br />
2005, Art. 5.2d.<br />
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