Deutsch im Gespräch - Daf Daz Tagung
Deutsch im Gespräch - Daf Daz Tagung
Deutsch im Gespräch - Daf Daz Tagung
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
4. Welche Bedeutung hat Schweizerhochdeutsch für die Schulung<br />
der Aussprache und der Fertigkeit Sprechen?<br />
Für die Lehrenden ist es wichtig zu beachten, dass regionale Charakteristika<br />
mündlicher Sprache nicht als «Fehler» zu betrachten sind, die es auszumerzen<br />
gilt. Das gilt insbesondere auch für das österreichische <strong>Deutsch</strong> und das Schweizer<br />
Hochdeutsch, die wie das deutsche Hochdeutsch in manchen Bereichen eigene<br />
nationale Varietäten [Varianten! — S.H.] 10 aufweisen. (Schatz 2006: 34)<br />
Da es unterschiedliche Standardaussprachen in <strong>Deutsch</strong>land, Österreich<br />
und der <strong>Deutsch</strong>schweiz gibt, kann man von der Standardaussprache nicht<br />
sprechen (vgl. Hirschfeld in diesem Band). Ansichten und Haltungen wie folgende<br />
sind <strong>im</strong> DaF-Bereich also theoretisch revidiert: 11<br />
Aber vielleicht kann den Lernenden wenigstens reiner Wein eingeschenkt werden,<br />
indem man ihnen sagt, daß sie z. B. von einem österreichischen Lehrer eben nicht<br />
«<strong>Deutsch</strong>», sondern eine besondere Variante des <strong>Deutsch</strong>en lernen werden.<br />
(Hirschfeld 1997: 186)<br />
Die Schüler sind an die Aussprache ihrer Lehrer gewöhnt und wenn sie Lektoren<br />
aus Österreich oder der Schweiz bekommen, kennen sie zwar zusätzlich eine<br />
deutsche Sprachvarietät, nicht aber die hochsprachliche Norm. (Adamcová<br />
2002:6)<br />
Es geht aber nicht nur um die Wertung von aussen, sondern auch um das<br />
Bewusstwerden und Akzeptieren der eigenen Standardvarietät. Es ist anzunehmen,<br />
dass auch bei DaZ-Lehrenden das Wissen um die nationale Varietät<br />
Schweizerhochdeutsch den (selbst)bewussteren Umgang mit diesem auch in<br />
seiner mündlichen Form fördert. Dies wiederum ist eine wesentliche Voraussetzung<br />
dafür, dass man gern Hochdeutsch spricht, und damit eines der Kriterien,<br />
die Schatz anführt, um <strong>Deutsch</strong>lernende zum Sprechen zu bringen: «Zeigen<br />
Sie den Lernenden, warum und wie sehr Sie den Gegenstand, den Sie unterrichten,<br />
in diesem Fall die deutsche Sprache, schätzen und lieben. Ihre Begeisterung<br />
schafft (vielleicht) Begeisterung. Wer eine Sprache liebt, benutzt<br />
sie gern.» (Schatz 2006: 34)<br />
Susanne (aus obigem Beispiel) schreibt: «Ein anderes Problem ist die<br />
Sprache. Wenn die Zürcher Schweizerdeutsch sprechen, verstehe ich kein<br />
Wort. Zum Glück geben sich alle Leute Mühe, Hochdeutsch mit mir zu sprechen.»<br />
(Passwort <strong>Deutsch</strong>. Kurs- und Übungsbuch 3, 2002: 44) Über diese<br />
pauschale Blauäugigkeit schüttelten die Workshop-Teilnehmenden natürlich<br />
nur den Kopf, machen sie bzw. ihre Lernenden doch <strong>im</strong> Alltag (auch) andere<br />
Erfahrungen. Nichtsdestotrotz gilt es weiterhin am Ziel festzuhalten, «die psy-<br />
10 Variante und Varietät werden häufig verwechselt, ersteres ist die einzelne Einheit,<br />
also z. B. der Helvetismus Velo, letzteres das ganze System, z. B. Schweizerhochdeutsch.<br />
11 Die Praxis hinkt diesen Erkenntnissen teilweise jedoch noch etwas hinterher, wie u.<br />
a. die Schilderungen von Erlebnissen in Bezug auf Punkt 5 der Autogramm-Jagd erkennen<br />
lassen («Finde eine Person, die schon mal wegen ihrer deutschländischen,<br />
österreichischen oder <strong>Deutsch</strong>schweizer Varietät belächelt oder gar diskr<strong>im</strong>iniert wurde.»).<br />
123