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Radikale Realpolitik - Rosa Luxemburg Stiftung

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eliten mit dem Kampf um Bündnisse bis in die obere Mitte der Gesellschaft und<br />

mit Überlebensfragen wie dem Klimawandel mit verantwortungsfähigen Teilen<br />

der Machteliten verknüpfen zu müssen.<br />

Dann würde in der Tat die Dialektik von Zivilisations- und Zerstörungspotentialen<br />

moderner bürgerlich-kapitalistischer Gesellschaften ein wichtiger Ausgangspunkt<br />

linker Programmatik, Strategie und Politik sein müssen. Dann würde die<br />

Sprache der Linken gleichermaßen für die Überwindung der neoliberalen Ausformung<br />

des Kapitalismus wie für Kompromisse mit den Mächtigen tauglich sein<br />

müssen – als Medium einer solchen Politik des unmöglichen Möglichen.<br />

Wenn eine reale Chance bestünde, den Machteliten durch einen Wandel der<br />

Kräfteverhältnisse in den unterschiedlichsten Kämpfen alternativer Akteure Überlebensvernunft<br />

abzuringen – könnte eine solche Aussicht nicht relevante Teile der<br />

Bevölkerung rund um die Erde mobilisieren, die sich gegenwärtig von dem Anschein<br />

der Alternativlosigkeit lähmen lassen?<br />

7. These<br />

Zur Chance der Lernfähigkeit von Teilen der herrschenden Klasse: Ist der Kapitalismus<br />

solarrevolutionsfähig? Oder ist die Hoffnung darauf nur opportunistische<br />

Illusion?<br />

Gegen diese Chance sprechen viele historische Erfahrungen und vor allem das<br />

Wirken der ökonomischen Gesetze des Kapitalismus. George Soros, oft als König<br />

der Spekulanten bezeichnet, brachte den Widerstreit zwischen individueller Einsichtsfähigkeit<br />

mancher Exponenten der Machtelite und ihrem Verhaftetsein im<br />

Mechanismus der Kapitalverwertung zum Ausdruck, als er schrieb: »Als Bürger<br />

bin ich an sozialen Werten interessiert, an Frieden, Gerechtigkeit, Freiheit oder<br />

was auch immer – all diesen Werten können Marktteilnehmer keinerlei Ausdruck<br />

verleihen.« 8 »Unternehmen werden von Profis geleitet, deren Managementgrundsätze<br />

nur ein Ziel haben: Profitmaximierung.« 9<br />

Die ökonomischen Gesetze haben jedoch stets Tendenzcharakter; sie wirken im<br />

Wechselverhältnis von Tendenzen und Gegentendenzen. Sie setzen sich im Handeln<br />

von Menschen, von Klassen oder sozialen Gruppen und im Widerstreit von<br />

deren Interessen durch.<br />

Karl Marx zeichnete im »Kapital« nach, wie im frühen Kapitalismus die Konkurrenz<br />

um höchstmöglichen Mehrwert zur Ausdehnung des proletarischen Arbeitstages<br />

bis zu 16 Stunden an 6 Werktagen in der Woche führte und auch Frauen<br />

und Kinder solcher extremen Ausbeutung unterworfen wurden. Mit der Gesundheit<br />

der Lohnabhängigen untergruben die Fabrikanten die Grundlagen ihres gesamten<br />

Ausbeutungssystems. Ihr eigenes Interesse an der Erhaltung der Arbeits-<br />

8 George Soros: Die Krise des globalen Kapitalismus. Berlin 1998, S. 25.<br />

9 Ebenda, S. 153.<br />

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