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Radikale Realpolitik - Rosa Luxemburg Stiftung

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tischen Gesellschaft sich reproduzierende Genossenschaft ist kein Stück Sozialismus,<br />

wohl kann sie aber der Prozess seiner Schaffung sein.<br />

Dieser Gedanke ist m. E. von weitreichender und praktischer Bedeutung. Die<br />

bewusste Verbindung von Gesellschaftsanalyse und -kritik als Zielbestimmung,<br />

politischem Handeln, politischem Lernen sowie Selbstkritik und -veränderung der<br />

Bewegungen (und damit der eigenständigen schöpferischen Rolle der Massen) unterscheidet<br />

<strong>Luxemburg</strong>s Auffassungen von denen Bernsteins. Allerdings ist damit<br />

von ihr ein außerordentlich hoher Anspruch an die linken Bewegungen gestellt.<br />

Betrachtet man die Strategiebildung in den linken Bewegungen, muss man feststellen,<br />

dass dieses komplexe Politikverständnis <strong>Luxemburg</strong>s kaum eine Rolle<br />

spielt. Bis heute ist ein hierarchisches Verhältnis zwischen angeblich Wissenden,<br />

die die Welt verstanden haben, und Ausführenden, tendenziell Unwissenden, denen<br />

das Wissen zu offenbaren ist, und die dann entsprechend dem »großen Plan«<br />

zu handeln haben, das beherrschende Organisationsverständnis. Bernstein war in<br />

dieser Hinsicht viel erfolgreicher als <strong>Luxemburg</strong> – auch in der kommunistischen<br />

Bewegung.<br />

Genau diese Trennung ist es aber, die immer wieder in die Sackgasse führte. Sie<br />

ist heute, vor dem Hintergrund eines im Vergleich zu <strong>Luxemburg</strong>s Zeiten unvergleichlich<br />

höheren Bildungsniveaus und der reichen politischen Erfahrungen der<br />

linken Bewegungen, sogar noch absurder als damals. Wenn eine Losung oder eine<br />

Initiative keinen durchschlagenden Erfolg hat, kommt meist eines der folgenden<br />

Argumentationsmuster zum Einsatz:<br />

• wir haben die Sache nicht gut verkauft;<br />

• die Medien haben uns blockiert;<br />

• die Menschen haben uns nicht verstanden.<br />

Letztlich wird Misserfolg kaum jemals bereits in der Entstehung des Konzeptes,<br />

der Losung selbst gesucht – hier scheint mir aber, folgen wir <strong>Luxemburg</strong>, das Problem<br />

zu liegen.<br />

Welche Anforderungen ergeben sich an politische Projekte, wenn man den Forderungen<br />

<strong>Luxemburg</strong>s gerecht werden wollte?<br />

Mit der Idee der Einstiegsprojekte, die im Sommer 2004 auf einem Seminar der<br />

<strong>Rosa</strong>-<strong>Luxemburg</strong>-<strong>Stiftung</strong> in Rio diskutiert wurde, wurde der Versuch unternommen,<br />

unter dem Fokus europäischer und lateinamerikanischer Erfahrungen Anforderungen<br />

an konkretes politisches Handeln zu formulieren.<br />

Einige Vorbemerkungen<br />

Schritte zur Veränderung von Realität tun zu wollen bedeutet immer, Entscheidungen<br />

darüber zu treffen, welche Aktionen man wie (in welcher Weise, mit welchen<br />

Methoden) wann (zu welchem Zeitpunkt bzw. in welchem Zeitraum) durch-<br />

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