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Radikale Realpolitik - Rosa Luxemburg Stiftung

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Projekt öffentlich geförderter Beschäftigung nicht nur eigenes Geld, sondern auch<br />

Geld des Bundes, welches für die Bezahlung von MitarbeiterInnen im öffentlichen<br />

Dienst nicht zur Verfügung stünde. Aber auch jenseits dessen halte ich die Grundidee<br />

eines sich gesellschaftlich selbstorganisierenden, staatlich lediglich subventionierten<br />

Bereiches für sinnvoller. Denn so verkrüppelt und eingeschränkt dieser Sektor<br />

durch die diversen Restriktionen, die uns hier derzeit bei der Umsetzung unseres<br />

Modellprojekt aufgegeben werden, gegenwärtig auch erscheinen mag: Die Idee<br />

eines dem unmittelbaren Wirken der Marktgesetze und der reinen staatlichen Verwaltung<br />

entzogenen Bereiches, in dem für den gesellschaftlichen Zusammenhalt nützliche<br />

Arbeit geleistet wird, enthält für mich ein Moment einer möglicherweise zukünftig<br />

freieren und sozialen Gesellschaftsorganisation. Die freie Entfaltung des<br />

Einzelnen als Voraussetzung der freien Entfaltung aller – hieß es nicht so?<br />

Ob dieser Schimmer irgendwann zu strahlen beginnt, bleibt abzuwarten. Vermutlich<br />

wird es da noch diverse Irrwege und Rückschläge geben. Aber der Versuch,<br />

hier einen anderen Ansatz auszuprobieren und Erfahrungen zu sammeln, wie<br />

sich gesellschaftlicher Zusammenhalt durch gesellschaftliche Akteure organisieren<br />

lässt, ist lohnenswert.<br />

Schlussbemerkungen<br />

Dass wir diese Idee in Berlin in der Praxis testen können, hat – und damit komme<br />

ich auf die mir gestellte Aufgabe zurück – natürlich auch etwas mit der Beteiligung<br />

an der Regierung in Berlin zu tun. Es wäre aber völlig verkehrt, sie allein als eine<br />

administrative Angelegenheit zu behandeln. Würden wir das tun, wären wir zum<br />

Scheitern verurteilt. Gerade die beiden Beispiele machen deutlich, dass einem die<br />

Beteiligung an einer Regierung gewisse zusätzliche Handlungsmöglichkeiten einräumt.<br />

Sie lassen sich aber nur dann im Sinne des <strong>Luxemburg</strong>schen Anspruchs an<br />

eine radikale <strong>Realpolitik</strong> nutzen, wenn diese Regierungsbeteiligung sich in eine davon<br />

unabhängige politische Praxis der Partei und anderer gesellschaftlicher Akteure<br />

einbettet und diese ergänzt. Eine rein auf die gute Erfüllung der Regierungsfunktionen<br />

ausgerichtete politische Praxis würde nur allzu schnell auf den Horizont des<br />

vorgefundenen, etablierten Institutionengefüges zurückgeworfen werden und damit<br />

möglicher Initiativen verlustig gehen, die Verhältnisse in unserem Sinne zu transformieren<br />

oder eine Grundlage für eine solche Transformation zu schaffen.<br />

Zusammenfassend kann also festgehalten werden: Ob man als Partei zu einer<br />

radikalen <strong>Realpolitik</strong> fähig ist oder nicht, entscheidet sich nicht in erster Linie daran,<br />

ob man auf der Regierungs- oder der Oppositionsbank sitzt. In beiden Positionen<br />

bedarf es eines kritischen Bewusstseins dafür, wo man sich befindet, welche<br />

Wirkungen die Verhältnisse und Institutionen an dieser Stelle entfalten und das eigene<br />

Wirken begrenzen. Und es bedarf mehr als einer Idee, wie man in die beständigen,<br />

konkreten Veränderungsprozesse dieser Gesellschaft eingreifen kann, um<br />

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