Radikale Realpolitik - Rosa Luxemburg Stiftung
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Judith Dellheim<br />
Revolutionäre <strong>Realpolitik</strong> und sozialökologischer Umbau<br />
Eine Frage zur Einstimmung: Woher kommt es, dass Millionen Frauen und Männer<br />
und insbesondere zahlreiche junge Menschen eine solch starke emotionale Bindung<br />
zu <strong>Rosa</strong> <strong>Luxemburg</strong> entwickeln?<br />
Jahrzehnte nach ihrer Ermordung erreicht <strong>Rosa</strong> <strong>Luxemburg</strong> immer noch und immer<br />
wieder neu Bürgerinnen und Bürger mit »linken Einstellungsmomenten«, eint<br />
die Linken mit ihren unterschiedlichen Traditionen, Positionen und Kulturen in ihren<br />
Sehnsüchten nach »einer anderen Welt«: Ungebrochen verkörpert sie rückhaltlosen<br />
Einsatz für Gerechtigkeit, kompromisslose Kapitalismuskritik, den ungestümen<br />
Willen und das unaufhaltsame Drängen nach einem Sozialismus, der vor<br />
allem durch die heute Gedemütigten erkämpft und geschaffen wird. Sie steht für<br />
bedingungslose Ehrlichkeit und Prinzipientreue, für Leidenschaft und Warmherzigkeit,<br />
für Liebe – »voll und ganz«, für Verbundenheit mit der Natur und »allem<br />
Schönen«. Sie ist die »wahre Sozialdemokratin«, die Kommunistin, die Internationalistin,<br />
die »wirkliche Marxistin«, die Polin, die Jüdin, die begehrenswerte<br />
Frau und Idealistin. Sie ist die Kritikerin der »orthodoxen« Marxisten, Lenins und<br />
der bolschewistischen Politik, die mit der deutschen Sozialdemokratie gebrochen<br />
hatte. Sie ist die von Lenin Geschätzte und von Leninisten Geachtete, die sie nicht<br />
verstanden, fürchteten und bekämpften. Sie ist die von der SED Gebrauchte und<br />
durch deren rechte Gegner Missbrauchte. Sie ist Symbol sozialistischer Kritiker/innen<br />
am so genannten Sozialismus, die ihre Werte in Auseinandersetzung sowohl<br />
mit dem Kapitalismus als auch mit dem Stalinismus ent wi ckeln.<br />
<strong>Rosa</strong> <strong>Luxemburg</strong> ist und bleibt die liebenswerte konsequente Kämpferin für demokratischen<br />
Sozialismus, frei von stalinistischem Makel. Ihr Erbe ist eine Kultur,<br />
die im Kampf für das Ziel nur Mittel gebraucht, die dem Ziel entsprechen – solidarisch<br />
und demokratisch sein, um eine humanistische Gesellschaft zu schaffen. Die<br />
Kultur, das heute Mögliche in das Verhältnis zum Ziel setzen und darum kämpfen,<br />
dass das Mögliche auch als Schritt zum Ziel Wirklichkeit wird – sozialistische Politik<br />
als revolutionäre <strong>Realpolitik</strong>.<br />
Was die Einstimmung mit sozialökologischem Umbau zu tun hat<br />
Das Konzept vom sozialökologischen Umbau setzt bei Marxschen Grundideen an,<br />
die <strong>Luxemburg</strong> aufgenommen und bereichert hat: das Verständnis von Gesellschaft,<br />
das Ziel sozialistischer Bewegung, die materialistische Dialektik als Me-<br />
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