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Radikale Realpolitik - Rosa Luxemburg Stiftung

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weise im weiten Sinn des Wortes, und dem der Autonomen als »Szene« und<br />

wiederum Lebensweise. 4 Dabei wurden die grüne Partei und Lebensweise zu dem<br />

Medium, in dem vormals subversive und alternative Praktiken, Projekte und Subjekte<br />

zu einer Avantgardefraktion der post-fordistischen Modernisierung des Kapitalismus<br />

wurden. Darin inbegriffen: ein zehntausend-, wenn nicht hunderttausendfacher<br />

sozialer, jedenfalls kultureller Aufstieg. Ideologisch und realpolitisch<br />

besiegelt wurde der in der »rot-grünen Koalition«, im Jugoslawien-Krieg und zuletzt<br />

in der nicht nur konterrevolutionären, sondern auch konterreformistischen<br />

Neubestimmung des »Reform«-Begriffs selbst (Hartz-IV-Reformen, auf den Punkt<br />

gebracht).<br />

Dem Prozess der Grünen zunächst entgegengesetzt und zuletzt dennoch gleichgerichtet,<br />

wurden die autonome »Szene« und Lebensweise zu dem Medium, in<br />

dem Subversion, Alternative und sich befreiende Subjektivität zum subkulturellen<br />

Restbestand ihrer selbst wurden. Sie wurden dies, indem sie die Kritik der »Politik«<br />

– selbst dort, wo sie sich im gelegentlichen »riot« äußerte – in Ent-Politisierung<br />

verkehrten: »linksradikal« jetzt nicht mehr im affirmativen, sondern im negativen<br />

Sinn des Begriffs.<br />

Gleichgerichtet waren Grüne und Autonome darin, dass sie zuletzt, bei allen<br />

Unterschieden, realpolitisch verkümmerten: sich definitiv von der eigenen Radikalität<br />

trennten oder sie zur Behauptung, zum Ritual, zur Innerlichkeit entleerten.<br />

Interventionistische Linke<br />

Die politisch und kulturell von den Grünen wesentlich mit-betriebene postfordistische<br />

Modernisierung hat die Krise des Kapitalismus aber nur vorübergehend<br />

produktiv wenden und deshalb eben nur aufschieben können. Von den jetzt mit<br />

Wucht aufbrechenden, in Tiefe und Ausmaß noch mal verstärkten Turbulenzen<br />

werden deshalb auch zwei Projekte herausgefordert, die – ich verkürze schon wieder<br />

und mit Absicht – je auf ihre Weise dort ansetzen, wo sich Grüne und Autonome<br />

verloren. Das eine wurde schon genannt: DIE LINKE, aus einem anderen<br />

als dem grünen Milieu hervortretend und untergründig doch ebenfalls der Neuen<br />

Linken verbunden. 5 Das andere bleibt jetzt einzuführen: die Gruppen, Projekte und<br />

Einzelaktivist/innen der Interventionistischen Linken (IL).<br />

4 Aus auch selbstverschuldeter schlechter Erfahrung lege ich großen Wert auf die Feststellung, dass ich hier grob<br />

schematisiere und deshalb unvermeidlich ungerecht werde. Auf den Punkt gebracht: Es gab bis in die 1990er<br />

Jahre Grüne, die dem Projekt einer Neuen Linken treu blieben (es gibt sie vereinzelt noch heute), und es gab zu<br />

jeder Zeit Autonome und organisierte autonome Projekte, von denen dasselbe zu sagen ist.<br />

5 Abgesehen von ihrer Basis in der früheren DDR gehören der LINKEN viele Aktivist/innen an, die den Aufbruch<br />

von 1968 später in der traditionellen Linken fortzusetzen suchten: in Gewerkschaften bzw. Gewerkschaftsoppositionen,<br />

der SPD, auch der DKP. Nicht wenige nahmen in ihre Politisierung dennoch Erfahrungen auf, die anderweitig<br />

grün oder autonom ausgetragen wurden.<br />

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