Radikale Realpolitik - Rosa Luxemburg Stiftung
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leistungs- oder auch Niederlassungsfreiheiten, damit des freien Marktes und der<br />
globalen Konkurrenz gegenüber dem Sozialschutz von Beschäftigten, den individuellen<br />
Rechten von Menschen in der EU auf soziale Grundrechte oder auch den<br />
Aktions- und Streikrechten von Gewerkschaften).<br />
DIE LINKE darf aus meiner Sicht nicht wählen zwischen dem amerikanisch<br />
oder mehr deutsch geprägten Neoliberalismus. Sondern muss sagen: Wir unterstützen<br />
nur, was eine Richtungsänderung hin zu zukunftsfähigen Entwicklungen<br />
unterstützt. Das leistet der Lissabon-Vertrag eben nicht.<br />
Change the Treaty<br />
Die entscheidende Frage, um die sich in den nächsten Wochen und Monaten die<br />
öffentliche Debatte ranken muss, ist die nach der Veränderung des Vertragstextes.<br />
Sinn Féin hat klar angesagt: Wir akzeptieren keine kosmetischen Korrekturen<br />
am Vertrag. Wir verlangen das Aufschnüren des Vertrags an mindestens folgenden<br />
Punkten:<br />
1. Beseitigung der Demokratiedefizite: Die Benachteiligung Irlands und anderer<br />
kleiner Mitgliedsstaaten bei Stimmverhältnissen und die Forderung nach Beibehaltung<br />
eines irischen Kommissars;<br />
2. die Gewährleistung der irischen Neutralität: die Forderung nach einem Zusatzprotokoll<br />
zum Schutz der irischen Neutralität und von opt-out-Möglichkeiten<br />
Irlands aus weiteren Verpflichtungen des Lissabon-Vertrags wie der Beteiligung<br />
an den Finanzierungsverpflichtungen für militärische Einsätze und der Rüstungsagentur<br />
der EU sowie die Forderung nach einem opt-out-Protokoll aus<br />
dem Europäischen Atomenergievertrag (EURATOM);<br />
3. die Stärkung der Rechte von Beschäftigten und der Stopp von Privatisierungen<br />
öffentlicher Dienstleistungen: die Forderung nach einem stärkeren Sozialschutz<br />
der Beschäftigten, die Ausweitung der Rechte der Gewerkschaften und der<br />
Stopp von weiteren Privatisierungen öffentlicher Dienstleistungen (in der EU<br />
übrigens klar mit dem Namen des irischen Kommissars Mc Creevy verbunden),<br />
der Stärkung der sozialen Ausrichtung des gesamten EU-Projektes für eine tatsächliche<br />
Balance zwischen Wettbewerbsfähigkeit und sozialer Kohäsion und<br />
nachhaltiger Entwicklung.<br />
Ich benenne die Sinn Féin-Positionen deshalb auch so klar in Abgrenzung zu anderen<br />
Motivationen (so warben auch die irischen Katholiken für ein »Nein«; sie<br />
befürchteten, dass der Lissabon-Vertrag das irische Verfassungsverbot von<br />
Schwangerschaftsabbruch brechen könnte), weil auf ihrer Basis ein klares Ja von<br />
Sinn Féin zum Europäischen Integrationsprozess – allerdings auf anderen vertraglichen<br />
Grundlagen – begründet wird.<br />
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