Radikale Realpolitik - Rosa Luxemburg Stiftung
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lebige Zeitschrift propagiert hat: »Die soziale Revolution ist keine Parteisache!«<br />
Aber es wäre ein völliges Missverständnis, deswegen auf politische Organisierung<br />
einfach großzügig zu verzichten – und etwa auch in Gesellschaften wie der deutschen,<br />
die als repräsentative, parlamentarische Demokratie organisiert wird, sich<br />
mit emanzipatorischen Anliegen und transformatorischen Projekten aus der parlamentarisch<br />
verfassten Parteipolitik herauszuhalten.<br />
Immerhin lässt sich aufgrund der bisherigen Erfahrungen festhalten, dass die<br />
»Kraft des Bündels« nicht ausreicht, um die gesellschaftlichen Kräfteverhältnisse<br />
dauerhaft und qualitativ zu verschieben: Die bloße Addition selbst von jeweils in<br />
spezifischer Weise universalisierbaren Einzelforderungen – nach dem Modell:<br />
Kein AKW hier und keins anderswo! – kann nicht den »qualitativen Sprung« auslösen,<br />
der allein die offenbar schwer erschütterbare Legitimitätsvermutung zugunsten<br />
des status quo wirksam in Frage zu stellen vermag. Umgekehrt gilt aber nicht<br />
weniger deutlich und sicher, dass eine »Vereinheitlichung« nicht erreichbar ist,<br />
durch die die Vielzahl der sozio-kulturellen und politischen Subjekte zu einem einzigen,<br />
ohne interne Unterdrückung als solchem handlungsfähigen Subjekt werden<br />
könnte. Der Aufbau gemeinsamer und konvergierender Handlungsfähigkeit und<br />
ein »Zusammenhandeln« auf dieser Grundlage ist demgegenüber als ein konfliktorisches<br />
Konzept zu begreifen, in dem die Zusammenhandelnden nicht restlos<br />
aufgehen und die erreichte Konzertierung und Koordinierung immer wieder nur<br />
als Ergebnis von beständigen Verständigungs- und Neuaushandlungsprozessen zustande<br />
kommen kann.<br />
Indem diese Erfordernisse nüchtern ins Auge gefasst werden, kann sowohl die<br />
alte Illusion der »alten Linken« überwunden werden, sie sei eigentlich immer<br />
schon die vorgestellte »eine Partei«, als auch die nur wenig jüngere der »Neuen<br />
Linken«, sie seien diese »eine Partei« für die Zukunft. Anstatt seine politischen<br />
Energien auf Versuche zu verzetteln, die anderen Parteien zu marginalisieren oder<br />
auch zu übernehmen (bzw. zumindest ihnen die aktiven Mitglieder abzuwerben),<br />
könnten sich gerade in Deutschland die unterschiedlichen Parteien der Linken darauf<br />
konzentrieren, ihre gemeinsame Handlungsmacht zu stärken, indem sie ihre<br />
Strategien und Taktiken »konzertieren« und einen Diskursraum für spannende längerfristige<br />
Perspektivendebatten zu schaffen helfen.<br />
Gerade wegen seiner Komplexität eignet sich die Kategorie eines sozialökologischen<br />
New Deals heute in ganz besonderem Maße dazu, als eine zentrale Orientierung<br />
für eine derartige Politik der Einheit aus der Vielfalt zu dienen. Nicht nur<br />
weil es dazu in der Lage ist, auf die komplexe Vielfalt der sich gegenwärtig überlagernden<br />
Krisen mit einer entsprechenden Vielfalt von sich überlagernden und ergänzenden<br />
politischen Strategien zu reagieren. Sondern vor allem, weil es den<br />
Reichtum an konkreten Möglichkeiten zur Darstellung bringen kann, in denen sich<br />
allein historisch noch eine neue Alternative zu konstituieren vermag. Das schließt<br />
produktivenm Srtreit und die öffentliche Abkehnung bestimmer Vorschläge als<br />
»Kurzschlüsse« keineswegs aus! Mit anderen Worten können wir diese inhaltliche<br />
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