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Radikale Realpolitik - Rosa Luxemburg Stiftung

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Lutz Brangsch<br />

»Der Unterschied liegt nicht im Was,<br />

wohl aber in dem Wie« 1<br />

Einstiegsprojekte als Problem von Zielen und Mitteln im Handeln<br />

linker Bewegungen<br />

Die Frage nach dem »Richtigen« in Übergängen und Umbrüchen in der Entwicklung<br />

der menschlichen Gesellschaft ist die vielleicht komplizierteste Frage in Theorie<br />

und Praxis. In Entscheidungssituationen kommt es in der Regel zu einer Reduktion<br />

von verschiedenen Möglichkeiten gesellschaftlicher Entwicklung auf ein<br />

enges Spektrum tatsächlicher Aktionen. Die dabei gleichzeitig gegebene Entstehung<br />

neuer Möglichkeiten ist für die Akteure überwältigend und im gegebenen<br />

Moment kaum zu überblicken.<br />

Für <strong>Luxemburg</strong>, für Marx und Engels, für Lassalle, Cabet, Bernstein u. a. war<br />

die Frage nach dem Übergang vom Kapitalismus zu einer neuen Gesellschaft eine<br />

ihr Schaffen, ihre theoretische und praktische Tätigkeit antreibende Frage. Die hier<br />

angeführten Namen sind nicht zufällig genannt, denn diese politischen Menschen<br />

fanden dabei unterschiedliche, z. T. gegensätzlich Antworten, die sich schließlich<br />

auch in gegensätzliche politische Konzepte verwandeln sollten. <strong>Luxemburg</strong> näherte<br />

sich dieser Frage vor allem und zuerst in Auseinandersetzung mit Bernstein,<br />

später auch in Auseinandersetzung um das Verhältnis von Partei und Massen, von<br />

Führung und Massen. Wichtig erscheint mir für die hier zu diskutierende Problematik<br />

vor allem eine Aussage, die das ganze Problem der linken Bewegung auch<br />

heute noch wiedergibt: »Der Sozialismus erfolgt also aus dem alltäglichen Kampfe<br />

der Arbeiterklasse durchaus nicht von selbst und unter allen Umständen. Er ergibt<br />

sich nur aus den immer mehr sich zuspitzenden Widersprüchen der kapitalistischen<br />

Wirtschaft und aus der Erkenntnis der Arbeiterklasse.« 2<br />

Diese scheinbar geradlinig aus dem Marxschen Erbe abgeleitete Feststellung<br />

zieht bezogen auf die politische Praxis und auf die Theorie eines gesellschaftlichen<br />

Übergangs mindestens zwei Fragen nach sich: Erstens: Wie erkennt Arbeiterklas se?<br />

Man müsste die Frage (auch für diese Zeit) noch erweitern: Wie erkennt linke (damals<br />

sozialdemokratische) Bewegung, gehörte doch <strong>Luxemburg</strong> sicher nicht zur<br />

Arbeiterklasse. Und zweitens: Was bedeutet »sich zuspitzende Widersprüche«?<br />

<strong>Luxemburg</strong> beschreibt an dieser Stelle Erkenntnis als Erkenntnis a) der Unmöglichkeit<br />

des Kapitalismus (auf lange Sicht) und b) der eigenen Rolle der Handeln-<br />

1 <strong>Rosa</strong> <strong>Luxemburg</strong>: Sozialreform oder Revolution? In: <strong>Rosa</strong> <strong>Luxemburg</strong>: Gesammelte Werke, Bd. 1/1, S. 400.<br />

2 Ebenda, S. 403, Fußnote 7.<br />

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