Radikale Realpolitik - Rosa Luxemburg Stiftung
Radikale Realpolitik - Rosa Luxemburg Stiftung
Radikale Realpolitik - Rosa Luxemburg Stiftung
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Sie werden ebenso versuchen, an den erklärten Zielstellungen der Französischen<br />
Präsidentschaft festzuhalten:<br />
• Schaffung der Grundlagen für ein EU-Verteidigungssystem und eine gemeinsame<br />
EU-Verteidigungspolitik, verbunden mit der Einbindung Frankreichs in<br />
die NATO;<br />
• die Forcierung der EU-Migrations- und Asylpolitik, die u. a. darauf zielt, EU-<br />
Ländern die massenhafte Legalisierung von Immigranten nach spanischem Vorbild<br />
zu untersagen, einen Einwanderungspakt zu schließen, der die Grenzkontrollen<br />
verschärft, das Asylrecht vereinheitlicht und die legalen Zuwanderer<br />
nach Quoten auf die Mitgliedsländer verteilt;<br />
• die durch die Mehrheit des EP sanktionierte Rückführungsrichtlinie soll nach<br />
Auffassung der EU-Innenminister das Problem der illegalen Migration ein für<br />
allemal lösen;<br />
• die Umsetzung der mit dem Lissabon-Vertrag vorgesehenen neuen Institutionen<br />
wie den EU-Außenminister, den EU-Präsidenten, die ihre Arbeit mit dem<br />
1. Januar 2009 aufnehmen sollen; die Forcierung einer EU-Mittelmeer-Union<br />
usw. 2<br />
Die Frage nach der Zukunft der EU verbindet sich in direkter Weise mit der Auseinandersetzung<br />
um die Umsetzung der Ziele Sarkozys während der französischen<br />
Präsidentschaft, der alles unternehmen wird, um diese Phase nicht nur als Schadensbegrenzung<br />
bewerten zu lassen.<br />
Sind die Mitgliedsparteien der EL bereit, sich mit Blick auf den gemeinsamen<br />
Europawahlkampf auf diese Kernfrage nach der Veränderung eines noch nicht in<br />
Kraft getretenen Grundlagenvertrages der EU zu einigen, sie in den Mittelpunkt<br />
der gemeinsamen Wahlplattform zu stellen?<br />
Anlässe für eine solche Zielbestimmung linker und alternativer Kräfte, neuer<br />
und alter sozialer Bewegungen gibt es mehr als genug. Dazu gehören:<br />
1. Vor wenigen Tagen hat die parlamentarische Linke im EP eine schwere Niederlage<br />
einstecken müssen. Es ist uns nicht gelungen, auch nur einen einzigen Änderungsantrag<br />
zum Kompromiss des Rates zur Rückführungsrichtlinie durchzubekommen<br />
und damit eine zweite Lesung im EP zu erzwingen. Selbst wenn<br />
alle willigen, sich links fühlenden Menschen im EP gemeinsam stimmen, gibt<br />
es eine »Deckungslücke« von zirka 130 Stimmen, um die konservativ-neoliberale<br />
Mehrheit des EP zu überstimmen. Dieser zeitliche Aufschub wäre wichtig<br />
gewesen, um eine breite gesellschaftliche Bewegung gegen die Festung Europa<br />
entwickeln zu helfen. Die Art und Weise der Regelung der Migrationsströme,<br />
die Selektion von Menschen nach den Bedürfnissen des europäischen Arbeitsmarktes<br />
in Verbindung mit menschenunwürdigen Bedingungen für diejenigen,<br />
2 Für die Präsidentschaft hat die Regierung Sarkozy ein Budget von 190 Millionen Euro (Blair-Regierung hatte 13<br />
Mio Euro 3 Jahre zuvor eingeplant) eingestellt.<br />
94