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Radikale Realpolitik - Rosa Luxemburg Stiftung

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Abschließendes<br />

Nimmt man diese Kriterien zum Ausgangspunkt, so gibt es bisher wenige Projekte,<br />

die tatsächlich als Einstiegsprojekte zu charakterisieren wären. Eines dieser<br />

Projekte ist in jedem Fall der Beteiligungshaushalt in Porto Alegre (Brasilien). Die<br />

Art und Weise, in der hier Haushaltspolitik demokratisiert wurde, stellte tatsächlich<br />

ein völlig neues Verständnis des Politischen her, von dem keiner der Akteure<br />

nicht betroffen gewesen wäre. So ist es eben nicht verwunderlich, dass auch dieses<br />

Projekt aus dem linken Umfeld (und darum geht es hier) mit Misstrauen beobachtet<br />

wurde. Deutlich wurde auch, dass derartigen Projekte ein Moment der Eskalation<br />

in sich tragen. Es müssen immer wieder neue Räume für das Handeln der<br />

Massen, des Volkes, eröffnet werden, wenn man sie mit einem solchen Projekt gewonnen<br />

hat. Das Projekt zieht seine Legitimation im Laufe der Zeit zunehmend<br />

daraus, inwieweit es neue Räume für neue Projekte schafft und damit auftretende<br />

Grenzen, hier etwa die Haushaltspolitik auf der Ebene der Bundesstaaten oder der<br />

Zentralregierung, für politischen Einfluss »von unten« öffnet. Im erwähnten Falle<br />

Porto Alegre erfolgte dies einerseits durch einen Ausbau des Verfahrens bezüglich<br />

der strategischen Stadtentwicklung (binnenorientiert) wie auch durch die Übertragung<br />

des Modells des Beteiligungshaushaltes auf die Ebene des Bundesstaates Rio<br />

Grande do Sul.<br />

Bezogen auf Deutschland ist zu sagen, dass bisher nicht gelungen ist, derartige<br />

Einstiegsprojekte zu initiieren. Wohl gibt es Ansätze – etwa in den Bürgerhaushaltsprojekten<br />

wie in Berlin-Lichtenberg, in Projekten Solidarischer Ökonomie<br />

oder auch in Rekommunalisierungsprojekten. Potenzielle Einstiegsprojekte finden<br />

bisher meist ihre Grenzen am tradierten Organisationsverständnis.<br />

Bleibt damit das wichtige Fazit, dass Erfolge im politischen Handeln in der<br />

Tradition <strong>Luxemburg</strong>s vor allem eine Sache sind, die sich nicht in Forderungen an<br />

die Kontrahenten bezüglich der Verbesserung der Lebensbedingungen der Menschen<br />

erschöpfen darf. Es gilt, in gleichem Maße immer wieder das eigene Handeln<br />

und die eigene Organisationsweise (also das WIE) kritisch daraufhin zu betrachten,<br />

ob sich auch in ihnen, nicht nur in den vertretenen Ziele, emanzipatorische<br />

Ansprüche wiederfinden. Dies bedeutet freilich eine kritische Aufarbeitung aller<br />

bisherigen Organisationsvorstellungen linker Bewegungen. Die hier vorgestellten<br />

Überlegungen zum Charakter von Einstiegsprojekten verstehen sich als Beitrag<br />

für eine solche Diskussion und sollen Anregung für eine Diskussion um politische<br />

Strategien linker Bewegung bieten.<br />

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