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Radikale Realpolitik - Rosa Luxemburg Stiftung

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Aber es rückt auch in den Bereich der <strong>Realpolitik</strong> der Linken und breiter Allianzen<br />

demokratischer Kräfte, den Herrschenden eine Abkehr von einer fossilistisch-atomaren<br />

Energiebasis aufzunötigen – eben weil diese die gegenwärtigen<br />

Machtstrukturen gefährdet. Eine solche Abkehr kann allerdings unter gegensätzlichen<br />

Vorzeichen erfolgen. In zunehmend autoritärer Weise bei Abwälzung der<br />

vorausschaubar riesigen Lasten des Umbaus auf die ohnehin sozial Schwächeren<br />

oder durch weitreichende Demokratisierungsprozesse, Dezentralisierung der Energieversorgung<br />

gegen die Macht der Energiekonzerne, Zurückdrängung der<br />

Marktmechanismen zugunsten langfristiger Strukturpolitik unter demokratischer<br />

gesellschaftlicher Kontrolle und der Kombination von Entwicklungs- und Klimapolitik<br />

gegen die Armut im »Süden«.<br />

Anders ausgedrückt: Die Kunst radikaler <strong>Realpolitik</strong> könnte darin bestehen,<br />

Teile der herrschenden Machteliten und ihrer Dienstklasse zu einer Politik zu drängen,<br />

die auf einen demokratischen Kapitalismus mit deutlichen Ansätzen für einen<br />

ökologischen Umbau hinausläuft.<br />

Eine Unumkehrbarkeit solcher Entwicklungsvariante erfordert aus der Sicht der<br />

Linken, den Weg zu sozialer Gerechtigkeit und Umweltgerechtigkeit als einen<br />

trans formatorischen Prozess zu verstehen, der in die Überschreitung der Grenzen<br />

des Kapitalismus münden wird.<br />

Ein solcher Transformationsprozess wird kein harmonisches Hinüberwachsen<br />

in eine andere Ordnung sein, sondern harte Kämpfe um jeden kleinen Schritt und<br />

um tiefe Brüche mit den herrschenden Eigentums- und Machtverhältnissen umfassen.<br />

In diesem Prozess geht es schon in absehbarer Zeit nicht allein um das kleine<br />

Machbare, sondern zugleich um Lösungen für globale Großprobleme.<br />

Eine sozialistische Transformationstheorie muss als Theorie der Möglichkeit<br />

klassenübergreifender Abwendung globaler Gefahren im Kapitalismus mit der<br />

Perspektive der Überwindung des Kapitalismus entwickelt werden. Ohne den Einsatz<br />

ökonomischer Machtpotenziale des Kapitalismus und ohne die Ausnutzung<br />

des bürgerlichen Staates als Arena der Kämpfe und des Aushandelns zwischen unterschiedlichen<br />

Interessen werden eine Klimakatastrophe und andere globale Gefahren<br />

nicht rechtzeitig zu bannen sein.<br />

Wenn es um gemeinsames Überleben geht, gerät auf neue Weise die in den<br />

achtziger Jahren entwickelte und in Rüstungskontrolle und Abrüstungsschritten<br />

zur Geltung gebrachte Politik Gemeinsamer und Komplexer Sicherheit in den<br />

Blick. Aufgrund seiner eigenen strukturellen Grunddefizite und der darin wurzelnden<br />

Niedergangsprozesse mündete der mit der Politik Gemeinsamer Sicherheit<br />

verbundene »Wandel durch Annäherung« für den Staatssozialismus in seinen Untergang.<br />

In der Gegenwart zielt die Formel von dem »einen Boot«, in dem wir alle säßen,<br />

darauf, alternative Forderungen abermals in die gegebenen Herrschaftsverhältnisse<br />

zu integrieren. Gemeinsames Handeln gegensätzlicher gesellschaftlicher Kräfte<br />

im umkämpften Verlauf von Lösungsschritten birgt offenbar die Tendenz der Ein-<br />

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