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Radikale Realpolitik - Rosa Luxemburg Stiftung

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Politiker dies anders sehen mögen. Erfolgreiche »Strategien« sind allzu oft nichts<br />

anderes als Erzählungen, die Zufallsfunden im Nachhinein die Weihe des Bewusst-<br />

Gewollten verleihen.<br />

Das Schreiben oder Sprechen über Strategie ist zudem mit einem Paradoxon<br />

konfrontiert: Diejenigen, welche die Handlungsmacht haben und sie erfolgreich<br />

ausüben, verlassen sich zumeist auf ihren Instinkt und reflektieren nur selten über<br />

ihre Strategie, um sie so erst gar nicht zur Disposition stellen zu müssen. Ihre Methode<br />

ist die der Suggestion oder auch des Oktroy und nicht die der Überzeugung.<br />

Sie suchen zumeist nur jenen Rat, den sie für diesen Zweck unmittelbar »gebrauchen«<br />

können. Jene dagegen, die sich der Ausarbeitung einer Strategie reflektiert<br />

zuwenden, haben zumeist keine Macht, auf reale Politik Einfluss zu nehmen. Und<br />

ob es ihnen dann hilft, klare Vorstellungen zu haben und den inneren Zusammenhang<br />

nachzuweisen, wie Clausewitz fordert, mag bezweifelt werden. Sie finden<br />

oft nur dort »offene Ohren«, wo die Hände untätig bleiben müssen. So gerät das<br />

Schreiben oder Sprechen über politische Strategien sehr schnell zum intellektuellen<br />

Ersatz für Handeln. Die Intellektuellen Chinas wanderten nicht zufällig buchstäblich<br />

zwischen mörderischem kaiserlichen Hof und einsamen Bergen hin und<br />

her, sofern sie nicht hier ihre Ehre oder ihren Kopf bzw. dort ihren Geist oder Mut<br />

verloren.<br />

Wieso dann überhaupt über Strategien politischer Parteien sprechen? Angesichts<br />

der außerordentlichen Komplexität der Wirklichkeit und der Tatsache, dass<br />

fast alles möglich ist, handelt es sich weniger um einen Wahrheitswettbewerb, als<br />

darum, Optionen attraktiv zu machen, zu zeigen, dass es Möglichkeiten gibt, die<br />

interessanter oder besser sind als die, die bisher bevorzugt wurden. Sicher ist nicht<br />

alles das Ergebnis »schierer Zufälle« (Richard Rorty), aber das Reden über Möglichkeiten<br />

erhöht zweifelsohne den Raum der Freiheit.<br />

Die drei strategischen Optionen der Partei DIE LINKE<br />

Verfolgt man die Reden auf den Parteitagen der Linkspartei und analysiert man die<br />

Stellungnahmen ihrer verschiedenen Plattformen und Strömungen (von der Kommunistischen<br />

Plattform über die Sozialistische Linke bis zum Forum Demokratischer<br />

Sozialismus) so wird schnell deutlich, dass in dieser Partei drei unterschiedliche<br />

Optionen vertretenen werden (vgl. Grafik 1).<br />

Diese Optionen linker Parteien sind so alt wie diese selbst. Sie spitzten sich vor<br />

allem in der Frage der Regierungsbeteiligung zu: Soll linke Politik in Parlamenten<br />

primär der Vorbereitung und Unterstützung einer Systemveränderung dienen, was<br />

jede Regierungsbeteiligung ausschließt, soll diese solange ausgesetzt werden, bis<br />

eine dezidiert linke Politik möglich wird, oder ist eine Regierungsbeteiligung auch<br />

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