Radikale Realpolitik - Rosa Luxemburg Stiftung
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konkreten Untersuchung der jeweils gegebenen Ausgangslage. Denn die konkret<br />
möglichen Handlungsperspektiven – erste, zweite, dritte und weitere Schritte, die<br />
zu tun sind – lassen sich nicht sinnvoll losgelöst von der Lage erörtern, in der sich<br />
die potenziell Handelnden und um eine verantwortbare Entscheidung ringenden<br />
Subjekte mehr oder minder gemeinsam befinden.<br />
Eine Alternative in der Krise:<br />
Das Konzept des sozialökologischen New Deals heute<br />
Die gegenwärtige tiefe Krise der europäischen Gesellschaften – und ganz allgemein<br />
des »entwickelten« Nordens – gibt dem Konzept des sozialökologischen<br />
New Deals eine neue, spezifische Bedeutung und Dringlichkeit, wie ihn das Konzept<br />
zuletzt in der Periode der »Krise des Fordismus« besessen hat – die (keineswegs<br />
zufällig) in etwa zeitgleich mit der Durchsetzung der neoliberalen »Konterrevolution«<br />
und dem Zusammenbruch des »realsozialistischen Blocks« ihr<br />
historisches Ende gefunden hat. In der Krise, in die jetzt weltweit die damals etablierten<br />
neuen ökonomischen und auch politischen Strukturen geraten sind, ist es<br />
heute erforderlich, dieses Konzept auf der Höhe einer neuen, tiefgreifend veränderten<br />
Zeit zu erneuern. Gerade in Deutschland und in Europa besteht heute noch<br />
einmal die Chance, die Fragen des nachhaltigen Wirtschaftens, des sozialen Zusammenhalts,<br />
der Ökologisierung von Arbeit und Leben, der Befreiung in den Geschlechterverhältnissen<br />
und einer umfassenden Fähigkeit zu Frieden und Solidarität<br />
neu aufzuwerfen, die damals unter Hinweis auf die Versprechen der Wohlfahrt<br />
und der Einheit aufgrund entfesselter Marktprozesse geradezu beiseite gewischt<br />
worden sind.<br />
Eine solche Debatte um die radikal zeitgenössische Erneuerung dieses Konzeptes<br />
»nach dem Epochenbruch« braucht nicht völlig neu anzufangen. Interessante<br />
Momente einer Aktualisierung, die bereits über die Konzepte der 1980er Jahre hinauswies,<br />
lassen sich bereits im Crossover-Prozess finden, der in den 1990er Jahren<br />
zwischen daran interessierten Grünen, SozialdemokratInnen und demokratischen<br />
SozialistInnen stattgefunden hat. 26 Einige Momente dieser Aktualisierungsversuche<br />
haben auch in dem Perspektivenkongress eine wichtige Rolle gespielt, zu dem sich<br />
2004 wichtige gewerkschaftliche Kräfte und Zusammenhänge aus der Zivilgesellschaft<br />
und sozialen Bewegungen zusammengefunden haben 27 – mit entsprechenden<br />
Echos und Wiederaufnahmen im Prozess der deutschen Sozial foren.<br />
In dem parteipolitischen Konstitutionsprozess, der von der WASG zur LINKEN<br />
geführt hat, sind diese Fragen nach einem strategischen Konzept eher an den Rand<br />
gerückt. Politische Prinzipienklärungen schienen noch wichtiger zu sein. Ange-<br />
26 Vgl. Crossover (Hrsg): Zurück zur Politik. Für einen ökologisch-solidarischen New Deal. Münster 1997.<br />
27 vgl. Frank Bsirske u.a.: Perspektiven! Hamburg 2004.<br />
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