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das argument - Berliner Institut für kritische Theorie eV

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Philosophie 621<br />

gearbeitet hat, geht übrigens schon daraus hervor, daß Sätze der scholastischen Physik<br />

in englischer Sprache genannt werden (68) und die 1537 veröffentlichte und Euklid zugeschriebene<br />

Schrift De levi et ponderoso bei Fischer als Book 0/ Euklid on the Heavy and<br />

the Light auftaucht (46, 60).<br />

Als knappe deutschsprachige Darstellung einiger wissenschaftstheoretischer Probleme<br />

bei Galilei mag <strong>das</strong> Buch, <strong>das</strong> eine kurze Bibliographie sowie Personen- und Sachregister<br />

enthält, vielleicht für manchen einen gewissen Nutzen haben. Ein wichtiger Beitrag zur<br />

Galilei-Forschung - wie der Verlag auf dem Einband ankündigt - ist es jedoch gewiß<br />

nicht.<br />

Herbert Breger (Hannover)<br />

Ströker, Elisabeth: <strong>Theorie</strong>wandel in der Wissenschaftsgeschichte. Chemie im 18. Jahrhundert.<br />

Vittorio Klostermann, Frankfurt/M. 1982 (324 S., br., 48,- DM)<br />

Die Autorin verfolgt jenen Konzeptualisierungsprozeß in der Geschichte der Chemie des<br />

17. und 18. Jahrhunderts, der schließlich zur Ablösung der Verbrennungstheorie Stahlscher<br />

Provenienz durch Lavoisiers Oxidationstheorie führte. Das Buch ist in vier Abschnitte<br />

gegliedert. Im 1. Abschnitt wird der Übergang von der Alchemie zur Chemie im<br />

17. Jahrhundert skizziert. Robert Boyle steht für den Anspruch, die Chemie zu einer<br />

neuzeitlichen Erfahrungswissenschaft, mithin <strong>das</strong> Experiment zur Instanz für die Geltung<br />

einer <strong>Theorie</strong> zu machen. Wieviel oder wie wenig damit für die eine Wissenschaft<br />

tragende <strong>Theorie</strong> erreicht ist, kommt im H. Abschnitt ausführlich an der mit Georg<br />

Ernst Stahl um die Wende vom 17. zum 18. Jahrhundert inaugurierten Phlogistontheorie<br />

zur Erörterung. Mit ihr war zum ersten Mal beansprucht, die chemischen Prozesse<br />

der Verbrennung und der Verkalkung (Oxidation) von Metallen unter einem einheitlichen<br />

Begriff zu denken, insofern beide als Dekompositionsvorgang gefaßt wurden, bei<br />

dem Phlogiston abgegeben wird. Der Rezeption, Verarbeitung und Modifizierung der<br />

Phlogistontheorie im 18. Jahrhundert in Deutschland, Frankreich und England wird in<br />

getrennten Kapiteln nachgegangen. Zwei Probleme ließen die Forschung nicht zur Ruhe<br />

kommen: 1) Das Phlogiston, postuliert als theoretisches Objekt, sollte als empirisch gegebener<br />

Stoff zu identifizieren sein. Hatte Stahl <strong>das</strong> Phlogiston als in der Kohle angereichert<br />

vermutet (vermittels derer ja aus Metallkalken durch Reduktion Metall zu gewinnen<br />

ist), so identifIzierte die englische Gaschemie der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts<br />

mit Henry Cavendish <strong>das</strong> Phlogiston als jenes brennbare Gas, <strong>das</strong> frei wurde,<br />

wenn man verdünnte Säuren mit Metallen reagieren ließ (später als Wasserstoff bekannt).<br />

Als schließlich Joseph Priestley ein Gas darstellte, in dem brennbare Stoffe besonders<br />

gut brennen, <strong>das</strong> heißt Phlogiston abgeben, <strong>das</strong> sich gar mit Phlogiston selbst<br />

explosionsartig verbindet und <strong>das</strong> er demnach als dephlogistisierte Luft bezeichnete (später<br />

als Sauerstoff bekannt), schien der Kreis der Bewährung der Phlogistontheorie geschlossen.<br />

2) Wenn die Verbrennung eine Dissoziation von brennbarem Stoff und Phlogiston<br />

war, wie ließ sich dann die zu beobachtende Gewichtszunahme des Verbrennungsprodukts<br />

erklären? Dies war der Punkt, an dem die Phlogistik sich mit ad-hoc­<br />

Hypothesen zu behelfen hatte. Dies war schließlich auch der Punkt, an dem Antoine<br />

Laurent Lavoisier, selbst zunächst Phlogistiker, erneut mit genauen Messungen ansetzte<br />

(III. Abschnitt). Lavoisiers Messungen, so können wir vielleicht sagen, unterschieden<br />

sich insofern von denen seiner Vorgänger, als sie nicht länger einfach seine Experimente<br />

begleiteten, sondern vielmehr dazu dienten, Hypothesen zu testen: die Messung wurde<br />

zum integralen Bestandteil des Experiments. Die Formulierung der Sauerstoff theorie der<br />

Verbrerillung zeigte sich als zumindest gleichwertige Alternative zur Phlogistik. Als<br />

schließlich ihre systematisierende Kraft in eine neue Nomenklatur umgesetzt wurde, war<br />

die Durchsetzung der <strong>Theorie</strong> beschlossen (IV. Abschnitt), wenn auch keine einzige der<br />

speziellen Thesen Lavoisiers über den Sauerstoff <strong>das</strong> erste Jahrzehnt des neuen Jahrhunderts<br />

überlebte.<br />

DAS ARGUMENT 146/1984 es

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