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das argument - Berliner Institut für kritische Theorie eV

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Kongreßberichte 607<br />

S. Historikerinnentreffen<br />

veranstaltet von einer (überwiegend) studentischen Initiativgruppe und dem Frauenreferat<br />

der HTU, unterstützt vom Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung und<br />

von der Österreichischen Hochschülerschaft. Wien, 16.-19. April 1984<br />

Die Organisatorinnen standen vor einer mehrschichtigen Aufgabe: Sie übernahmen die<br />

Traditionsfortführung eines bisherigen BRD-Kongresses und zielten damit eben auf eine<br />

Traditionseinleitung an Frauenforschungsöffentlichkeit in Österreich, bei zusätzlicher<br />

internationaler Ausweitung. Im Spannungsfeld dieser Ungleichzeitigkeiten lag der ganze<br />

Tagungsverlauf, liegen auch die Gründe für unsere »nationale Lust« und unseren »internationalen<br />

Frust«. Im Sinne »feministischer Entwicklungspolitik« entschieden sich die<br />

Veranstalterinnen »für die Unterstützung aller vereinzelten unterschiedlichen Forschungsergebnisse<br />

und damit gegen ein Oberthema, <strong>das</strong> vor allem österreichische Beiträge<br />

auf ein Minimum reduziert hätte« (Reader). Dieses additive Tagungskonzept war der<br />

nationalen Situation durchaus angemessen: In Österreich ist historische Frauenforschung<br />

fast ausschließlich auf Privatinitiativen beschränkt, fehlt eine Verankerung an<br />

Universitäten und Forschungseinrichtungen, existiert noch kein Kommunikationsforum<br />

- auf diesem Hintergrund bedeutet eine erste, möglichst vielstimmige Darstellung<br />

schon einiges an Stellungnahme. Jedoch verhinderte dieselbe additive Tagungslogik<br />

auch weitertreibende Erarbeitungen, nämlich über Einzelberichte hinausgehend »Ansätze<br />

der historischen Frauenforschung gemeinsam weiterzuentwickeln, an den internationalen<br />

Diskurs anzuknüpfen und Grundlagen für weitere Forschungsarbeiten zu diskutieren«<br />

(Pressemappe).<br />

Zum Eröffnungsplenum verschiedene Länderberichte zur historischen Frauenforschung:<br />

Der allgemeinen Randstellung, der Inselisolierung entspreche »repressive Toleranz«,<br />

Frauenforscherinnen bildeten eine wenig ernstgenommene Subkultur, frei von<br />

Finanzierungssicherheiten. Barbara Duden (BRD) sprach vom breiten Graben zwischen<br />

der »irgendwo« betriebenen Frauengeschichtsforschung und Enge, Abgeschlossenheit<br />

des Faches selbst an den Universitäten. Mit feministischer Werthaltung werde nach<br />

Frauen in der Vergangenheit gesucht, aber bis jetzt sei es nicht gelungen, die Frauensituation<br />

in große sozialhistorische Analysen wirklich einzubringen. Als doppeltes Problem<br />

von Frauenforschung resultierten daraus intellektuelle Schizophrenie und UllZUmut<br />

bare Doppelbelastung, notwendig sei vor allem grundsätzlichere Kategorienkritik<br />

(Kategorien als Frage der Machtverhältnisse) sowie die Führung der <strong>Institut</strong>ionalisierungsdiskussion.<br />

In allen Länderberichten wurde die Ambivalenz der <strong>Institut</strong>ionalisierungsfrage<br />

(lediglich) angestreift, hier zeigten sich Phasenverschiebungen: Während die<br />

einen vom andernorts Durchgesetzten (Holland, Dänemark) noch nicht einmal träumten<br />

(Österreich), fragten sich andere, ob sie überhaupt davon träumen wollen (Schweiz),<br />

warnten bereits Vereinnahmtere (Frankreich). Während alle Europäerinnen also Schwierigkeiten<br />

und Zweifel äußerten (bei manchen Frauenkampfschilderungen verrnißten wir<br />

einen wirtschaftlichen und politischen Landesbezug), so verherrlichte abschließend die<br />

Etablierteste (Gerda Lerner, Professorin für Women's History, USA) <strong>das</strong> Etablierte: in<br />

den letzen fünfzehn Jahren sei ihnen, in Durchlaufung aller genannten eurOpäischen<br />

Phasen, die Realisierung unserer hiesigen Utopie gelungen, heute mache <strong>das</strong> (in sich<br />

weitgehend konkurrenzlose) »women's network« erfolgreich dem »big boys network«<br />

Konkurrenz, Frauen seien so von der Spielwiese ins Zentrum der Ereignisse gekommen,<br />

»Women's Studies« sei <strong>das</strong> Licht in der Dunkelheit, eröffne den Weg in die feministische<br />

Revolution.<br />

Spontan wurden Gerda Lerners Beitrag »A Feminist Theory of History« und die von<br />

Herta Nagl-Docekal (Wien) formulierten »Fragen an Gerda Lerner« vom Arbeitskreis<br />

zum (einzigen) Grundsatzreferat umorganisiert. Lerners »Dreizehn Thesen« zur feministischen<br />

Geschichtsrekonstruktion zielen auf eine Redefmition von Klasse: Jede Klasse<br />

DAS ARGUMENT 146/1984 ©

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