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das argument - Berliner Institut für kritische Theorie eV

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Alle Macht den Frauen 551<br />

schen Mutter« steht, deren Sohn ein arischer »Heilsbringer« und »Deutschchristus«<br />

ist.66 Und vor diesem Bild wird jener Kult der »providentiellen Maternität«<br />

zelebriert, den Bergmann schon vor 1933 herbeigesehnt hatte.67 Ja, in<br />

seinem Buch Die deutsche Nationalkirche, <strong>das</strong> Bergmann ebenfalls 1933 herausbrachte,<br />

malt er diesen Mutterkult in noch glühenderen Farben aus, indem<br />

er in dem Kapital »Vom Mysterienprinzipat der Frau« die nordische Mutter,<br />

die »Mutter Germania«, zur höchsten Priesterin im »anbrechenden Ostermorgen<br />

eines rassenbiologischen Zeitalters« erhebt. 68 Wie bei Bachofen wird hier<br />

nochmals die Forderung aufgestellt, daß sich jeder Mann von Zeit zu Zeit in<br />

<strong>das</strong> Bild der »ewigen Mutter« vertiefen müsse69, um nicht irgendwelchen naturwidrigen<br />

Spekulationen oder Abstraktionen anheimzufallen.70<br />

Noch weiter in der Propagierung solcher Matriarchatsvorstellungen ging der<br />

Nordist und Urgeschichtler Herman Wirth, der bereits in den frühen zwanziger<br />

Jahren Hitler, Heß und Rosenberg für seine höchst spekulative »Allmutter-Gottes«-<br />

und »Urgermanen-Matriarchats-<strong>Theorie</strong>« zu gewinnen suchte7!<br />

und in seinem Buch Was heißt deutsch? Ein urgeistgeschichtlicher Rückblick<br />

zur Selbstbesinnung und Selbstbestimmung (1931), <strong>das</strong> er der »deutschen Frau<br />

und Mutter und dem kommenden deutschen Volke« widmete, in Bildern wie<br />

»Mutternacht«, »Mutterschoß« und »Mutterwasser« schwelgte. 72 Wirth wurde<br />

aufgrund seines Arierfanatismus 1933 als Professor nach Berlin berufen,<br />

mit der Errichtung eines urgermanischen Freilichtmuseums beauftragt und als<br />

Protege Himmlers zum ersten Direktor der »Stiftung Ahnenerbe« ernannt.<br />

Nach seinen <strong>Theorie</strong>n, die sich ebenfalls weitgehend auf Bachofen stützen, hat<br />

man im urgermanischen Bereich als höchste Werte vor allem die Odal-Heimat<br />

und den Frieden geschätzt. Die Garantinnen dieser Werte seien jene »göttlichen<br />

Mütter« oder »Volksmütter« gewesen, die man auf den sogenannten<br />

»Frauenbergen« verehrt habe,73 Der Zusammenbruch dieser »Mütterreiche«,<br />

behauptete Wirth, sei während der »Bruchzeit« der Völkerwanderung erfolgt.<br />

Erst zu diesem Zeitpunkt hätten die germanischen »Heerkönige« mit ihrem<br />

Wotan-Odin-Gott die älteren »Volksmütter« aus ihren führenden Positionen<br />

verdrängt, wodurch jene »Männerwelt der Macht und Gewalt und des Unfriedens«<br />

entstanden sei, die bis heute andauere,74 Das Heil der Zukunft versprach<br />

sich auch Wirth allein von einer Rückkehr zur mütterlichen »Urgemeinschaft«<br />

, die im Zeichen der »Wahrsagerinnen und Hüterinnen der Heimordnung«<br />

oder zumindest einer »Synthese« dieser beiden Weltanschauungen<br />

stehe,75<br />

Die von Bergmann und Wirth mit faschistischem Pathos vertretenen Mutterrechtsthesen<br />

scheinen bei der NSDAP auf keine allzu große Gegenliebe gestoßen<br />

zu sein. Jedenfalls wurden sie von keinem ihrer führenden Vertreter an<br />

exponierter Stelle aufgegriffen. Bergmann wandte sich darum nach 1934 in seinen<br />

Büchern anderen Themen zu. Wirth wurde 1938 nicht nur als Direktor der<br />

»Stiftung Ahnenerbe« abgesetzt, sondern überhaupt in seinen Wirkungsmöglichkeiten<br />

mehr und mehr eingeschränkt,76 Was in diesen Jahren im Vordergrund<br />

stand, war die altbewährte Verklärung des Weiblichen ins Mythisch­<br />

Mütterliche, ohne daß daraus politisch oder moralisch irgendwelche »revolutionären«<br />

Konsequenzen gezogen wurden. Die Wirklichkeit des Dritten Rei-<br />

DAS ARGUMENT 146/1984 ©

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