das argument - Berliner Institut für kritische Theorie eV
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DAS ARGUMENT 146/1984 ©<br />
Ausstieg, Umgestaltung oder Umwälzung? 583<br />
Zentralisierungen und Dezentralisierungen im Verhältnis von Kapital und<br />
Staatsrnacht, im Verhältnis von Staatsamschinerie und ideologischen Staatsapparaten,<br />
im Verhältnis von Zentren der Macht und »mikropolitischen« Subzentren<br />
vermittelt ist.<br />
Jede Debatte, die sich von einer abstrakten Alternative von Zentralismus<br />
und Dezentralisierung bestimmen läßt, ist daher der beständigen Funktionalisierung<br />
durch entsprechende Machtstrategien der herrschenden Mächte ausgesetzt.<br />
Und umgekehrt ist die konkrete Frage nach der angemessenen Größe eines<br />
Produktionssystems oder eines Lebenszusammenhanges nicht aus allgemeinen<br />
Zentralisierungs- oder Dezentralisierungsforderungen ableitbar, sondern<br />
aus stofflichen Erfordernissen, die im Einzelfall zu untersuchen sind:<br />
Während etwa eine wirksame Bekämpfung der Verschrnutzung von Luft und<br />
Wasser ein weltweites Netz von Kontrollstrukturen erfordern dürfte und die<br />
ökologisch verantwortliche Verwendung fossiler Energieträger allein durch eine<br />
Kooperation aller Regionen, die über entsprechende Vorräte verfügen, mit<br />
allen Verwenderländern zu gewährleisten sein sollte, ist etwa die Versorgung<br />
mit frischen und hochwertigen Brötchen der Sache nach nur in einem lokal<br />
überschaubaren Rahmen möglich.<br />
Derartige Überlegungen, die dann zur Kritik der imperialistischen Autarkiepolitik<br />
der »Industrieländer« ebenso führen können wie zu einer Kritik an den<br />
tiefgekühlt-pappigen Fabrikbrötchen, sind aber keinesfalls einer Dezentralisierungs-Strategie<br />
unterzuordnen, wie sie die neoliberale, prokapitalistische Politik<br />
gegenüber den <strong>Institut</strong>ionen des Staatsinterventionismus und den »Großorganisationen«<br />
der Arbeiterbewegung verfolgt. Dabei geht es gerade darum, die<br />
prinzipielle »Dezentralität« des Marktes sowohl gegenüber dem angeblichen<br />
»Zentralismus« des keynesianischen Staatsinterventionismus als ideologisches<br />
Kampfinstrument zu nutzen - und zugleich über eine Kritik des Zentralismus<br />
der staatlichen Planung jeden Gedanken an einen sozialistischen Übergang zu<br />
Formen gesellschaftlicher Planung (vgl. Lohmann 1983) aus dem Felde der<br />
möglichen Gedanken auszuschließen. Festzuhalten bleibt demgegenüber der<br />
Gedanke der Auflehnung, der Rebellion gegenüber Zentren der Macht - der<br />
aber durch eine Analyse ihrer spezifischen Funktionsweisen, Gegensätze und<br />
Komplizitäten zu konkretisieren ist, um eine Funktionalisierung dieser Rebellion<br />
durch ein Machtzentrum gegenüber anderen ausschließen zu können.<br />
3. Grüne Wirtschaftspolitik als ideologische Kampfaufgabe<br />
Ein Ausgangspunkt der Entwicklung grüner Politik - gegenüber der aufklärerischen<br />
Avantgardepolitik der alten ebenso wie der Neuen Linken der 70er<br />
Jahre - war die Einsicht in die Unmöglichkeit einer subversiven politischen<br />
Praxis an den subjektiven Motiven und Interessen der von unterschiedlichsten<br />
Formen gesellschaftlicher Unterdrückung Betroffenen vorbei. Das führt jedoch<br />
keineswegs notwendig zu einer Haltung der un<strong>kritische</strong>n Hinnahme und<br />
ideologischen Hypostasierung widersprüchlicher Interessenlagen und ambivalenter<br />
Motivbildungen sozialer Bewegungen durch politische Organisationen,<br />
die innerhalb dieser Bewegung arbeiten. Auch nicht, wenn wir - im Gegensatz<br />
zu allen Versuchen, durch totalisierende Gesamtkonzepte von vornherein