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das argument - Berliner Institut für kritische Theorie eV

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578 Frieder O. Wolf<br />

keynesianischen Wirtschaftspolitik eher dafür, daß auch <strong>das</strong>, was sich gegenwärtig<br />

noch in den Auseinandersetzungen um eine grüne Wirtschaftspolitik<br />

recht vielfältig und proteushaft darstellt, längerfristig zu einer »negativen<br />

Wirtschaftspolitik« werden muß. Und zwar entweder zu einer prokapitalistisch-regressiven<br />

»Wirtschaftspolitik« der Zerstörung aller »marktstörenden«<br />

gesellschaftlichen Strukturen und staatlichen Einrichtungen, in denen sich der<br />

»keynesianische Klassenkompromiß« materialisiert hat, oder aber zu einer antikapitalistischen<br />

»Wirtschaftspolitik« des Übergangs, der Umwälzung aller<br />

kapitalistisch bestimmten Produktionsverhältnisse. Das heißt - um auch<br />

noch die Schlüsselbegriffe auszusprechen -, ob eine Alternative der Grünen<br />

gegenüber dem etablierten Modell der Wirtschaftspolitik nach der Logik einer<br />

radikalliberalen (vgl. die »radikale« Bewegung in Frankreich zu Anfang des<br />

20. Jahrhunderts) »Entstaatlichung« oder aber nach der entgegengesetzten Logik<br />

der »Außerstaatlichkeit« (wie sie vor allem in der antistalinistischen Selbstkritik<br />

innerhalb der kommunistischen Bewegung herausgearbeitet worden ist;<br />

vgl. Wolf 1983a und 1983b) funktionieren wird.<br />

Gegenwärtig ist grüne Wirtschaftspolitik weder Fisch noch Fleisch. Auch<br />

wenn sie aufgrund der Effekte der institutionellen Ideologie der Parlamente -<br />

die als zentrale Bausteine des »ideologischen Staatsapparates« Politik systematisch<br />

die Illusion erzeugen: wenn die Politiker nur den richtigen Willen hätten,<br />

könnten sie auch jegliche wünschbare Politik machen - und aufgrund der Effekte<br />

des keynesianischen <strong>Institut</strong>ionensystems in den Sog eines auf Krisenbedingungen<br />

zurückgestuften »pragmatischen Staatsinterventionismus« geraten,<br />

sind sich die unterschiedlichsten Repräsentanten grüner Politiker doch zumindest<br />

verbal darin einig, daß »<strong>das</strong> nicht alles gewesen sein« kann. Umgekehrt<br />

geben selbst diejenigen, die angesichts der widersprüchlichen Situation, in der<br />

sich die Grünen als parlamentarische Partei mit subversiven Ansprüchen befinden,<br />

unter dem Titel der »Fundamentalopposition« den Rückzug auf <strong>das</strong><br />

Hochhalten moralischer Prinzipien propagieren, inzwischen durchaus zu, daß<br />

Politikenthaltung keine mögliche Strategie darstellt - nur sei die Zeit für eine<br />

eigene grüne Politik jetzt noch nicht gekommen, sondern erst wenn die Partei<br />

stärker sei und die Sozialdemokratie noch mehr abgewirtschaftet habe.<br />

In dieser Situation erscheinen innerhalb der politischen Debatte der Grünen<br />

politische Konzeptionen als besonders attraktiv, die einen »Formelkompromiß«<br />

möglich machen, durch den sich gleichzeitig politische Alternativen verdecken<br />

(und damit Entscheidungen hinausschieben), weitreichende Visionen<br />

propagieren und eine pragmatische Tagespolitik rechtfertigen lassen, die sich<br />

den ideologischen Mechanismen des Parlamentarismus widerstandslos überantworten.<br />

Drei verbreitete Schlüsselbegriffe der wirtschaftspolitischen Debatte<br />

der Grünen - der Begriff des »Ausstiegs«, der Begriff der »Dezentralisierung«<br />

und die Konzeption der Dualwirtschaft - verdanken meines Erachtens<br />

ihre Beliebtheit eben der Leichtigkeit, mit der sie diese Funktion erfüllen. Gerade<br />

dies hat dann allerdings zur Folge, die Fähigkeit grüner Politik zu einer<br />

radikalisierenden Artikulation gesellschaftlicher Oppositions bewegungen tendenziell<br />

zu schwächen - und damit die einzig mögliche Perspektive einer eigenständigen<br />

Stabilisierung des politischen Projektes der Grünen gegenüber ei-<br />

DAS ARGUMENT 146/1984

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