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das argument - Berliner Institut für kritische Theorie eV

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652 Besprechungen<br />

chen (nämlich passiven und aktiven, erzwungenen und freiwilligen) Lebensaktivitäten<br />

von deutschen Frauen im Faschismus werden in diesem Buch nicht systematisch untersucht.<br />

Das hängt vor allem damit zusammen, daß der Blick vorrangig auf die Frauen als<br />

Opfer fällt. Die Vorstellung von der historischen Kontinuität von Frauenunterdrückung<br />

und -benachteiligung drängt hier die Frage nach dem, was die spezifische Situation und<br />

<strong>das</strong> spezifische Verhalten von Frauen im Faschismus ausmachte, in den Hintergrund.<br />

Der deutsche Faschismus ist hier allenfalls begriffen als »höchstes Stadium des kapitalistischen<br />

Patriarchats«. Daß <strong>das</strong> ausgebreitete Material sich dieser interpretatorischen<br />

Sicht nicht völlig fügt, macht <strong>das</strong> Buch interessant.<br />

Brita Rang (Amsterdam)<br />

Soziale Bewegungen und Politik<br />

Frei, Daniel: Der ungewollte Atomkrieg. Eine Risiko-Analyse. Verlag C.H. Beck, München<br />

1983 (136 S., br., 14,80 DM)<br />

Der Schweizer Autor legt die gekürzte deutsche Fassung einer ursprünglich englischen<br />

Studie im Auftrag des 1980 gegründeten <strong>Institut</strong>s der Vereinten Nationen für Abrüstungsforschung<br />

(UNIDIR) vor; eine umfangreiche Literaturauswertung und zahlreiche<br />

Interviews mit unter anderem amerikanischen und sowjetischen Politikern und Fachleuten<br />

bilden die empirische Grundlage.<br />

Freis Ausgangspunkt für die Risikoanalyse eines unbeabsichtigten Atomkriegs läßt<br />

sich beschreiben mit dem Bild von Pulverfaß und Funke, d.h. die Gegebenheiten des Systems<br />

(atomares Arsenal und strategische Doktrin) und ein Auslöser können in die Katastrophe<br />

führen. Der Verlust der strategischen Stabilität kann durch <strong>das</strong> einzelne oder<br />

verbundene Wirken von Rüstungswettlauf, Veränderung strategischer Doktrinen und<br />

Weiterverbreitung von Atomwaffen hervorgerufen werden; die internationale Krise als<br />

Auslöser kann entstehen durch Fehlentscheidungen im Krisenstreß und die künftige<br />

Heftigkeit und Häufigkeit von Krisen. - Jedem dieser einzelnen Risikoelemente widmet<br />

Frei ein analysierendes Kapitel, an dessen Ende jeweils eine zusammenfassende Risikobeurteilung<br />

die verstärkenden und mindernden Faktoren gegenüberstellt und daraus die<br />

Folgerung zieht. Im vorletzten Kapitel beurteilt er den bisherigen Beitrag von Rüstungskontrollvereinbarungen<br />

zur Verminderung des Risikos eines ungewollten Atomkriegs<br />

und trägt schließlich einen eigenen pragmatischen Ansatz vor, dessen Erfolgsaussichten<br />

er in der Verringerung von Teilrisiken sieht.<br />

Die publizistisch wirkungsvollsten und demgemäß verbreitetsten Szenarien wie Entwendung<br />

einer Bombe durch Terroristen, verrücktgewordene U-Boot-Komandanten,<br />

die ihre Raketen abfeuern, oder auch Fehlalarme durch Radarirrtümer sieht Frei als nebensächlich<br />

an, da die nacheinander geschalteten Sicherungsmaßnahmen, die zentrale<br />

politische Kontrolle aller Atomwaffen und »<strong>das</strong> rote Telefon« zur Information über eine<br />

unabsichtlich ausgelöste Atomexplosion ein Ausufern partieller Katastrophen zur apokalyptischen<br />

globalen Vernichtung verhindern. Freis Geringschätzung des Risikos<br />

menschlichen und technischen Versagens entspricht - übrigens bis in die Begründung<br />

hinein - der aktuellen Position der Bundesregierung (vgl. Frankfurter Rundschau<br />

v.3.2.84), bemerkenswerterweise auch in der Kennzeichnung der westeuropäischen Friedensbewegung<br />

als »Friedensbewegung«, die sich die sowjetischen Überlegungen »zu eigen<br />

gemacht« habe (58). - Im Gegensatz zu dieser technikgläubigen Einschätzung<br />

räumt <strong>das</strong> US-Verteidigungsministerium selbst in einer Studie vom März 1983 ein katastrophales<br />

Versagen der militärischen Systeme aufgrund unzulänglicher Computer-Programme<br />

und zum Teil »fast chaotischer« software als Möglichkeit ein, als dessen Folge<br />

durchaus ein Atomkrieg ausbrechen könne.<br />

Die Lektüre der Studie hinterläßt - zumindest in bezug auf die politischen Aussagen<br />

DAS ARGUMENT 146/1984 ©

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