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das argument - Berliner Institut für kritische Theorie eV

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Ausstieg, Umgestaltung oder Umwälzung? 579<br />

ner auf Sicht neoliberalen Regierung und einer ebenso absehbar reformkapitalistisch-staatsinterventionistischen<br />

Opposition zu versäumen.<br />

2. Zwei Scheinklarheiten: Ausstieg und Dezentralisierung<br />

Diese beliebten Begriffe sind selbst nicht etwa willkürliche Erfindungen raffinierter<br />

»konzeptiver Ideologen«. Vielmehr tragen sie, so scheint es, den Stempel<br />

ihrer Legitimität gewissermaßen auf der Stirn: Es sind »Bewegungsbegriffe«<br />

. Sie haben sich in sozialen Bewegungen aufgedrängt, durchgesetzt und sind<br />

in der politischen Debatte um eine »neue Politik« vielfältig aufgegriffen worden.<br />

Aber offenbar reicht <strong>das</strong> dann noch nicht zur Begründung tragender Begriffe<br />

einer politischen Strategie.<br />

Denn wenn wir soziale Bewegungen nicht einfach mehr nach dem Modell<br />

der »Prophetie« als in sich selbst begründet (vgl. Touraine 1982, Habermas<br />

1981, aber auch etwa v.Mohl 1983) begreifen, sondern als selbst noch widersprüchliche<br />

Projekte zur Bewältigung von Aufgaben bzw. zur Bekämpfung<br />

von wirklichen gesellschaftlichen Entwicklungen, dann wird eben auch die<br />

Möglichkeit denkbar, daß ein Begriff, eine Konzeption, gerade deswegen die<br />

in Bewegung geratenen Subjekte »anspricht«, in der Bewegung »ankommt«,<br />

weil er dazu beiträgt, Widersprüche und Probleme zu verdrängen - und <strong>das</strong><br />

heißt, eben weil er einer wirklichen »Selbstverständigung unserer Zeit über ihre<br />

Kämpfe und Wünsche« entgegenwirkt. Das mag in bestimmten Phasen der<br />

Entwicklung unvermeidlich sein - etwa wenn eine Bewegung sonst unter dem<br />

Druck ihrer Widersprüche zusammenbrechen würde, noch bevor sie überhaupt<br />

in Gang gekommen ist. Aber eine vorantreibende Politik innerhalb der<br />

Bewegungen wird immer eine wesentliche Aufgabe darin finden, derartigen<br />

Verdrängungstendenzen und -mechanismen entgegenzutreten. Und angesichts<br />

des wachsenden Problemdrucks, vor dem sich die unterschiedlichen gesellschaftlichen<br />

Oppositionsbewegungen aufgrund der anhaltenden Strukturkrise<br />

des kapitalistischen Weltsystems sehen, wird es heute dringlich, innerhalb der<br />

grünen politischen Debatte die Verdrängungsmechanismen zu kritisieren, die<br />

eine offene Auseinandersetzung zwischen den gegen die Unternehmerautonomie<br />

gerichteten Forderungen der Ansätze einer neuen Arbeiterbewegung, den<br />

beginnenden Kämpfen gegen die Kolonialisierung des weiblichen Arbeitsvermögens,<br />

der Kritik von Teilen der Friedensbewegung an Rüstungsproduktion<br />

und Militarisierung der Gesellschaft als Elementen einer konkreten Kriegsvorbereitungsstrategie<br />

von US-Regierung und NATO und den Wünschen und Initiativen<br />

der zur »Alternativbewegung« stilisierten neuen Genossenschafts-,<br />

Selbsthilfe- und Lebensreformbewegungen immer noch behindern und<br />

blockieren.<br />

Der »Ausstieg« ist kein Ausweg<br />

Die Rede vom »Ausstieg« macht es innerhalb der politischen Debatte der Grünen<br />

heute noch möglich, zwei für grüne Politik geradezu konstitutive Widersprüche<br />

als nichtexistent zu behandeln: Erstens den längerfristig jedenfalls<br />

nicht zu umgehenden sozialen Widerspruch zwischen denjenigen Anhängern<br />

der Grünen, die aufgrund ihrer relativ privilegierten Stellung - als »neue Mit-<br />

DAS ARGUMENT 146/1984

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