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das argument - Berliner Institut für kritische Theorie eV

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648 Besprechungen<br />

auch seine Vennischung mit dem historiografischen Diskurs (92). Die in der traditionellen<br />

Anthropologie - in der »menschlich« mit »männlich« gleichgesetzt wird - konstitutierte<br />

»Leerstelle« Frau werde in der gegenwärtigen Diskussion nur neu thematisiert<br />

(103), aber nicht gefüllt. Eine positive Verquickung der nicht geschlechtsspezifischen mit<br />

der geschlechtsspezifischen Anthropologie sieht die Autorin in dem methodischen Ansatz<br />

von Irigaray, Cixous und Clement gegeben (<strong>das</strong> Weibliche als Imaginäres gedacht)<br />

(106). Durch eine Metamorphose von Marxismus und Lacan könnten »bislang marginalisierte<br />

Wahrnehmungs- und Erfahrungsbereiche der Frauen« entdeckt werden (107).<br />

Auch Anna-Elisabeth Freier (»Dimension weiblichen Erlebens und Handelns innerhalb<br />

der proletarischen Frauenbewegung«) übt Kritik an der Frauengeschichtsschreibung,<br />

wenn auch auf einer anderen Ebene. So werde von der »streng« marxistischen Richtung<br />

der »proletarische Antifeminismus innerhalb der Sozialdemokratie negiert« (196). Auch<br />

der »Opfer/Täter-These« Frigga Haugs mag sich die Autorin nicht anschließen, da hier<br />

allzuleicht die »Selbstunterdrückung« der Frau als Frage individueller Schuld gesehen<br />

werde (200). Am Beispiel der »Gleichheit« untersucht sie die »aktive Selbstbeschränkung<br />

von organisierten Frauen (202ff.) und enthüllt damit die widersprüchliche Politik<br />

von Frauen, die sowohl einem tradierten, verinnerlichten Weiblichkeitsbegriff anhingen<br />

als auch über proletarisches Bewußtsein verfügten.<br />

Band IV präsentiert Beiträge einer Tagung, die unter dem Titel »Von der Polarisierung<br />

der Geschlechtscharaktere bis zur formalen Gleichstellung der Frau - Weibliche<br />

Bildung vom Ende des 18. Jahrhunderts bis 1920« im Zentrum für interdisziplinäre Forschung<br />

der Universität Bie1efeld stattfand. Nicht »heroische« Geschichte, nicht <strong>das</strong> Aufspüren<br />

»angeblicher Vorkämpferinnen einer besseren Frauenwelt« interessiert die Autorinnen,<br />

sondern die »Widersprüchlichkeit von Frauenleben« (11). Diese Aussage relativiert<br />

zugleich die im Untertitel auf Bildungsgeschichte eingeschränkte Fragestellung. Das<br />

gemeinsame Interesse an der Geschichte der Frauen vereint die Wissenschaftlerinnen<br />

verschiedener Disziplinen. Dies widerspricht sicherlich nicht der Intention der vorhergehenden<br />

Bände, nur wird hier klarer, daß zuvor ein Verständigungsprozeß abgelaufen ist,<br />

der sich in einer Problematisierung der Fragestellung niederschlägt. Den drei Schwerpunkten<br />

»Die bürgerliche Frau - eine unmögliche Konstruktion«, »Befreiung durch<br />

Bildung?« und »Von der Muse zur Künstlerin« ist eine Einleitung vorangestellt, in der<br />

die Beiträge (insgesamt 19) in ihren wesentlichen Aussagen bzw. Fragestellungen zusammengefaßt<br />

sind. Einen Vorstoß in Richtung wissenschaftstheoretischer und forschungsleitender<br />

Fragestellung unternimmt Annette Kuhn (»Das Geschlecht - eine historische<br />

Kategorie? Gedanken zu einem aus der neueren Geschichtswissenschaft verdrängten Begriff«).<br />

Ihre zentrale Frage lautet: »Warum konnte, warum mußte die Frau als historisches<br />

Subjekt aus der neuzeitlichen Geschichte verdrängt und durch die Ideologie des<br />

Geschlechtscharakters ersetzt werden?« (32) Sie plädiert für eine feministische Ideologiekritik.<br />

Mit der Herausbildung der »dualen Ökonomie« (»frauenzentrierter Familienökonomie<br />

und einer marktorientierten Ökonomie kapitalistischer Provenienz«) manifestieren<br />

sich sowohl die »Spezifik der weiblichen Lebens- und Arbeitsweisen« wie eine<br />

neue Ideologie der Weiblichkeit (39/40). In der Farnilienökonomie - die selbst den Bedingungen<br />

des Marktes untergeordnet ist - stabilisiere sich <strong>das</strong> Prinzip weiblicher Abhängigkeit/Selbständigkeit<br />

(41). Der Rückgriff auf die <strong>Theorie</strong> der dualen Ökonomie<br />

soll- so A. Kuhn - »für die gegenWärtige Kontroverse um <strong>das</strong> Verhältnis Marxismus­<br />

Feminismus und die historische Einschätzung der Hausarbeit« zum »fruchtbaren Ansatz«<br />

gedeihen (47). Um die Frauen in der neuzeitlichen Geschichte vor dem Status eines<br />

überhistorischen Geschlechtswesen(s)« zu bewahren, müsse empirische Forschungsarbeit<br />

den genannten Ansatz begleiten. Jeder der nachfolgenden Beiträge versucht auf seine<br />

Weise <strong>das</strong> gesteckte Postulat einzulösen. So wendet sich Lieselatte SteinbTÜgge der<br />

anthropologischen Bestimmung der Frau bei Diderot, Christine Garbe der Konzeption<br />

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