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das argument - Berliner Institut für kritische Theorie eV

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604 Kongreßberichte<br />

Da sie nicht dort war, wo sie waren, müssen sie wohl zu ihr gehen oder weniger versperrte<br />

Eingänge für die Bewegung in die Wissenschaften schaffen.<br />

Gisela Heinrich (Hamburg) und Maria Meijvogel (Groningen)<br />

Tagung zum 100. Geburtstag August Thalheimers<br />

Stuttgart, 17.-18. März 1984<br />

Die Tagung - vorbereitet unter der Federführung Theodor Bergmanns (vgl. dessen Beitrag<br />

in Argument 144) vom Sozialistischen Zentrum Stuttgart und weiteren Gruppen<br />

und Einzelpersonen aus dem süddeutschen Raum - wurde eröffnet mit Referaten zur<br />

Aktualität Thalheimers (Erhard Kom), zu seiner Biographie (Silvia Neuschl-Marzahn)<br />

und Klassenanalyse (Jürgen Kästner). August Thalheimer (1884-1948) war - <strong>das</strong> machten<br />

diese ersten Ausführungen deutlich - ein Sonderfall unter den Persönlichkeiten der<br />

deutschen Arbeiterbewegung der 20er Jahre. Als Sohn bürgerlicher, jedoch politisch aktiver<br />

sozialistischer Eltern hatte er schon als Kind und Jugendlicher Kontakt zur Arbeiterbewegung<br />

und deren Repräsentanten und blieb somit vom »Überläuferproblem« verschont,<br />

<strong>das</strong> die Biographien anderer linker Intellektueller bürgerlicher Herkunft prägte<br />

und diese oft in den Linksradikalismus bzw. später in einen blinden Antikommunismus<br />

trieb. Schon in der Anfangsphase seiner politischen Tätigkeit versuchte er, die Verhältnisse<br />

in Deutschland und die Erfahrungen der russischen Revolution in ihrer Allgemeinheit<br />

und Besonderheit zu verarbeiten (»Die deutsche Revolution entfaltet ihre eigenen<br />

Probleme«) und auf dieser Grundlage die verschiedenen Ebenen des politischen Kampfes<br />

miteinander zu verknüpfen. Daraus ergab sich als Schwerpunkt seiner Arbeit die<br />

Weiterentwicklung der Einheitsfronttaktik mit dem Ziel, durch praktische Bewußtwerdung<br />

in Alltagskämpfen die Arbeiterklasse zum politischen Subjekt heranzubilden, und<br />

die Kritik der Volksfrontpolitik, die einen instrumentellen Umgang mit der Arbeiterklasse<br />

beinhaltet. Angesichts der politischen Verhältnisse in den 20er und 30er Jahren war<br />

Thalheimer meist gezwungen, zwischen den 'festgefahrenen Fronten innerhalb der Linken<br />

zu leben und zu arbeiten. Seine theoretischen Bemühungen dienten dem Ziel, diese<br />

Fronten aufzubrechen und zu überwinden. Thalheimers Aktualität ergibt sich so zum einen<br />

aus seiner Methode, politische Situationen (selbst-)kritisch und differenziert zu beobachten,<br />

zum anderen aus der Kontinuität der von ihm analysierten politischen Probleme:<br />

Wirtschaftskrise, Faschismus, Strategie und Taktik der Arbeiterbewegung, Probleme<br />

des »realen Sozialismus«, die Frage der Parteiform waren die Themen, die nach den<br />

Referaten im Plenum entlang des Thalheimerschen Lebenslaufs diskutiert wurden.<br />

In einer zweiten Runde wurden einzelne Themenbereiche in Arbeitsgruppen diskutiert.<br />

Eine AG beschäftigte sich - ausgehend von einem Beitrag Lothar Wentzels über<br />

den <strong>Berliner</strong> Metallarbeiterstreik 1930 - mit der Politik der Gewerkschaften in der Krise.<br />

Der Schwerpunkt der Diskussion lag, bedingt durch die Anwesenheit einiger aktiver<br />

Gewerkschaftskollegen, auf der aktuellen Auseinandersetzung um die 35-Stunden-Woche.<br />

In der zweiten AG wurde auf der Grundlage eines Referats von Udo Winkel, »August<br />

Thalheimers Analyse des Faschismus und der Selbstzerstörung der bürgerlichen Demokratie«,<br />

hauptsächlich über die Relevanz traditioneller Faschismusanalysen diskutiert.<br />

Wie ist der Neofachismus einzuschätzen; besteht heute eine unmittelbare faschistische<br />

Gefahr? Welche Formen könnte diese annehmen, welche latenten Potentiale sind<br />

vorhanden? Wird es überhaupt noch einmal Faschismus geben, oder wird <strong>das</strong> Kapital<br />

neue Herrschaftstechniken in der Krise entwickeln? Ein Diskussionsteilnehmer betonte,<br />

daß man gerade hier von Thalheimer lernen müsse: Neue Bewegungen (wie damals der<br />

Faschismus) dürften nicht nur aus der Vergangenheit erklärt, sondern müßten vorurteilslos<br />

und nüchtern analysiert werden. Nur so sei auch die Entwicklung von neuen Widerstandsformen<br />

möglich. Eine dritte Arbeitsgruppe beschäftigte sich mit »Thalheimers<br />

Kritik am Reformismus (SPD) und Linkssozialismus (SAP)« (Referat von Achim Ko-<br />

DAS ARGUMENT 146/1984 ©

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