das argument - Berliner Institut für kritische Theorie eV
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Peter Heller und Anne Seyfferth<br />
Ökologische Wirtschaft -<br />
Ein Literaturbericht<br />
<strong>Theorie</strong>n und Strategien<br />
Laut Erhard Eppler liegt »die Vermutung nahe, daß vernünftige Ökonomie<br />
und vernünftige Ökologie mehr miteinander zu tun haben könnten, als uns<br />
heute bewußt ist« (Eppler 1981,181). Das klingt einfach, klingt machbar. Dem<br />
steht unser Unbehagen gegenüber im Blick auf <strong>das</strong>, was heute an Formen ökonomisch-ökologischer<br />
Vernunft auf den Märkten der Wissenschaft und Politikberatung<br />
gehandelt wird. Dieser Literaturbericht soll einen Weg schaffen<br />
durch die unübersichtliche Positionenlandschaft der bürgerlichen und alternativen<br />
Umweltäkonomie; die disziplinären Grenzen werden oft überschritten, es<br />
kommen eine Anzahl Nichtökonomen zu Wort. Die Schwierigkeit eines Einstiegs<br />
liegt zum einen an der Uneinheitlichkeit der verwendeten Begriffe, zum<br />
anderen an der fortlaufenden Vermischung dreier Diskussionsebenen: (1) einer<br />
volkswirtschaftlichen Perspektive, die die Problematik des Wirtschaftswachstums<br />
in den Mittelpunkt stellt; (2) einer wirtschaftspolitischen Perspektive, die<br />
sich mit der Frage der Durchsetzbarkeit ökologischen Wirtschaftens innerhalb<br />
oder außerhalb einer kapitalistischen Marktwirtschaft beschäftigt und (3) einer<br />
entfernt von der traditionellen Ökonomie entwickelten sozialethischen Perspektive,<br />
welche die Möglichkeiten eines »Umdenkens«, eines »neuen Lebensstils«<br />
erörtert. Diese drei verschiedenen Wege eines Zugangs zum Thema Ökologische<br />
Wirtschaft gliedern die Literaturübersicht. Zum Schluß noch ein Beispiel<br />
der aktuellen Diskussion: Als Mitglieder einer Arbeitsgruppe am Öko-<strong>Institut</strong><br />
Freiburg stellen wir deren Projekt »Arbeit in einer ökologisch orientierten<br />
Wirtschaft« vor, von dem wir hoffen, daß es jene traditionellen Formen<br />
ökonomisch-ökologischer Vernunft um eine vernünftigere ergänzt.<br />
I. Wirtschaftliche Entwicklung<br />
Umweltzerstörungen großen Ausmaßes sind nicht neu, sind kein besonderes<br />
Produkt des Industriekapitalismus; die kahlen Küsten der Mittelmeerstaaten<br />
erinnern daran. Dennoch erreichen sie nach dem Sprung von der Versorgungs<br />
(Subsistenz-)Wirtschaft zur Erwerbswirtschaft eine neue Qualität der Bedrohung:<br />
Die expansive Eigendynamik des Industriekapitalismus wird zur »Naturgewalt«<br />
(vgl. Polanyi 1978). Erst dieser von Marx bis zum Postkeynesianismus<br />
beschriebene Wachstumszwang der kapitalistischen Marktwirtschaft hat<br />
die Überlebensfähigkeit der lebendigen Natur dieses Planeten an ihre Grenzen<br />
getrieben. Seit der im Jahre 1972 veröffentlichten Studie des »Club of Rome«<br />
über die Grenzen des Wachstums (Meadows u.a. 1972) - eine Weiterentwicklung<br />
der Arbeiten Forresters (1971) -, ist »Umweltschutz und/oder Wirtschaftswachstum?«<br />
zur zentralen Frage geworden, die die Theoretiker der<br />
wirtschaftlichen Entwicklung beschäftigt. Drei Positionen sind hier abzugrenzen:<br />
1. Qualitatives Wachstum. Der Begriff, 1972 auf der 4. Internationalen Ar-<br />
DAS ARGUMENT 146/1984